Für viele Arbeitnehmer ist die Kündigung durch den Arbeitgeber ein herber Schlag. Enttäuschung, Wut und Resignation machen sich breit; die Vertrauensbasis ist dahin. Nicht selten drohen Konflikten bis hin zur Kündigungsschutzklage. Eine für beide Seiten faire und gütliche Einigung ist der bessere Weg. Mit einer im Aufhebungsvertrag geregelten Abfindung erreichen Unternehmen in der Regel eine zügige Trennung mit klaren Spielregeln, bei der Mitarbeiter die Konditionen ihres Ausscheidens selbst mitverhandeln und sich erhobenen Hauptes verabschieden können. Was Arbeitgeber beachten sollten, damit die Verhandlungen für beide Seiten konstruktiv verlaufen, erklärt Katharina Schumann, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Münchner Kanzlei Lehner & Kollegen.
Frau Schumann, was gehört unbedingt in einen Aufhebungsvertrag?
„Im Aufhebungsvertrag muss natürlich das konkrete Beendigungsdatum geregelt sein. Dabei kann man von den gesetzlichen Kündigungsfristen abweichen, soweit sich beide Seiten auf ein Beendigungsdatum einigen. Darüber hinaus muss vereinbart sein, was konkret bis zur Beendigung noch vom Arbeitgeber zu zahlen ist. Neben dem Festgehalt betrifft dies also auch eine mögliche Provisionen, Boni, Prämien, Tantiemen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Zuschüsse und so weiter. Sind außer dem Grundgehalt keine Ansprüche (mehr) offen, sollte dies ebenfalls formuliert werden.“
Beispiel:
„Die Parteien sind sich einig, dass bis zum Beendigungszeitpunkt monatlich das Grundgehalt auf Basis von EUR xx brutto und mit Beendigung ein Bonus in Höhe von EUR xx brutto bezahlt wird.“
Beispiel:
„Die Parteien sind sich einig, dass darüber hinaus keine weiteren Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers mehr bestehen (insbesondere auf Bonus und Weihnachtsgeld), auch nicht pro rata temporis.“
Auf welche Inhalte sollte der Arbeitgeber sonst noch achten?
„Neben einer möglichen Freistellung bis zum Beendigungsdatum legt der Aufhebungsvertrag auch die Herausgabe oder Weiternutzung von Geschäftsunterlagen, Büroschlüsseln, Dienstfahrzeug, Mobiltelefon usw. fest. Ich empfehle auch konkrete Parameter zum Zeugnis mit aufzunehmen, um späterem Konfliktpotenzial vorzubeugen. Regelungen zur Geheimhaltung, gerade auch über den Abschluss und den Inhalt des Aufhebungsvertrages, können unter Umständen sinnvoll sein und zur besseren Durchsetzung an eine Vertragsstrafe gekoppelt werden.“
Wann haben Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung?
„Bei einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag gibt es keinen Anspruch auf Abfindung. Ob und in welcher Höhe eine Abfindung gezahlt wird, ist reine Verhandlungssache zwischen Arbeitnehmer und -geber. Dabei soll die Abfindung den Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes und den damit einhergehenden Verdienstausfall entschädigen. Gleichzeitig beugt der Arbeitgeber einer Kündigung und anschließenden Kündigungsschutzklage vor, die nicht nur teurer werden, sondern auch erheblichen Arbeitsaufwand bedeuten kann.“
Setzt der Arbeitgeber die Berechnungsgrundlage für alle Abfindungen fest?
„Nein, grundsätzlich muss der Arbeitgeber mit jedem Arbeitnehmer individuell verhandeln und je nach Ausgangslage die Abfindungshöhe vereinbaren. Einfluss darauf haben unter anderem der Kündigungsgrund, die Dauer des Arbeitsverhältnisses, wie sozial schutzbedürftig der Arbeitnehmer ist und ob er selbst schnell aus dem Arbeitsverhältnis entlassen werden möchte oder z.B. eine bezahlte Freistellung für ihn attraktiver ist. In der Regel fällt die Summe höher aus, je aussichtsreicher eine Kündigungsschutzklage für den Arbeitnehmer wäre.“
Wann gilt eine allgemeine Berechnungsgrundlage für alle Mitarbeiter, wie z.B. ein halbes Monatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit?
„Nur dann, wenn der Arbeitgeber mehrere Arbeitnehmer entlassen bzw. mit ihnen einen Aufhebungsvertrag schließen will, es sich betriebsverfassungsrechtlich dadurch um eine Betriebsänderung handelt und im Betrieb ein Betriebsrat besteht. In dem Fall kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln, der dann die Modalitäten der Aufhebung und insbesondere die Berechnung der Abfindung einheitlich regelt. In dem Fall sind dann alle Arbeitnehmer entsprechend dem vereinbarten Abfindungsschema gleich zu behandeln.“
Sind Abfindungszahlungen sozialversicherungspflichtig?
„Nein, die Abfindung ist nach der Rechtsprechung kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, weil sie für den Verlust des Arbeitsplatzes und damit für Zeiten nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird. Sozialversicherungs-rechtliches Arbeitsentgelt hingegen wird nur für die Dauer des Arbeitsverhältnisses gezahlt. Deshalb sind nach Auffassung des BAG Abfindungen für Zeiten außerhalb oder nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht sozialversicherungspflichtig und Beiträge fallen somit nicht an.“
Kann der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag anfechten?
„Ja, der Aufhebungsvertrag, kann innerhalb bestimmter Fristen wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung angefochten werden. Um eine Anfechtung wegen Drohung zu vermeiden, sollten Arbeitgeber vor und bei Abschluss des Aufhebungsvertrages kein Druck auf den Arbeitnehmer ausüben. Im Idealfall gibt man dem Arbeitnehmer das Vertragswerk für mindestens einen Tag mit nach Hause, damit dieser genügend Zeit zur Prüfung und Unterzeichnung hat. So kann er den Vertrag „überschlafen“ und kommt in keine Drucksituation. Sollte eine Straftat oder ein anderer kündigungsrelevanter Sachverhalt Hintergrund der gewünschten Aufhebung sein, sollte dem Arbeitnehmer so viel Zeit gewährt werden, dass er den Vertrag (theoretisch) von einem Anwalt prüfen lassen kann.“
Was empfehlen Sie Arbeitgebern, um sich vor weiteren Ansprüchen zu schützen?
„Um sich vor vermeintlichen weiteren Ansprüchen durch den Arbeitnehmer zu schützen, empfehle ich Arbeitgebern eine entsprechende Erledigungsklausel in den Vertrag aufzunehmen. Eine solche Klausel sollte in jedem Fall unter einer separaten Ziffer und mit entsprechender Überschrift hervorgehoben und nicht unter „Sonstiges“ versteckt werden. Sie ist nur wirksam, wenn sie alle Ansprüche, also auch die des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer, umfasst. Einseitige, nur die Ansprüche des Arbeitnehmers umfassende Regelungen sind unwirksam. Arbeitgeber sollten daher vor Abschluss prüfen, ob sie nicht noch selbst irgendwie geartete Ansprüche gegen den Arbeitnehmer haben, z.B. auf Schadensersatz oder Rückzahlung von nicht verdienten Vorschüssen, oder diese gleich explizit aus der Erledigung ausschließen. Wichtig ist auch, dass gesetzlich, tariflich oder in Betriebsvereinbarungen geregelte Ansprüche, die nicht abdingbar sind, wie z.B. der Mindestlohn, aus der Abgeltung bzw. Erledigung ausgenommen werden.“
Beispiel:
"Die Parteien sind sich einig, dass über die in diesem Aufhebungsvertrag geregelten Ansprüche hinaus weitere Ansprüche aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleich ob bekannt oder unbekannt, nicht mehr gegeneinander bestehen und erledigt sind, insbesondere Ansprüche des Arbeitnehmers/des Arbeitgebers auf […]. Ausgenommen von der Erledigung sind allerdings Ansprüche des Arbeitnehmers/ des Arbeitgebers aus […] sowie nicht abdingbare Ansprüche aus Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung."
Weitere Informationen: www.lehner-kollegen.de
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