Wer die Wahl hat, hat die Qual: Sie schreiben eine Stelle aus und die Bewerbungen stapeln sich auf Ihrem Schreibtisch. Um nun zügig die passenden Kandidaten für die Vorstellungsgespräche zu finden, müssen die Bewerbungen verglichen und nach einheitlichen Gesichtspunkten analysiert und bewertet werden. Unser Praxistipp hilft Ihnen dabei.
Form der Bewerbung
Mit Bewerbungsunterlagen ist es wie mit Menschen: Auch hier ist der erste Eindruck von entscheidender Bedeutung. Bei der Beurteilung von Bewerbungen sollten Personaler daher zunächst ihr Augenmerk auf die Form und Gestaltung der Unterlagen legen. Denn Profis erkennen auf den ersten Blick, ob sie die Zeit für einen zweiten investieren sollten oder eben nicht. Denn die stilistische Gestaltung der Bewerbungsunterlagen verrät viel über den Bewerbertyp. So ist ein logischer Aufbau Zeichen für ein strukturiertes Denken. Der Ausdruck und die Rechtschreibung geben Hinweise auf das Sprachvermögen und das Bildungsniveau des Bewerbers. Zeigt die Bewerbung Einfallsreichtum, Eigenständigkeit und Reflexionsvermögen über die eigenen Stärken und Schwächen? Dann entpuppt sich der Bewerber oder die Bewerberin vielleicht als echter Glücksgriff für Ihr Unternehmen.
Vollständiger Inhalt
Etwas vergessen? Bei einer kurzen Überprüfung der Bewerbung auf Vollständigkeit können Sie erkennen, ob der Bewerber die Stellenausschreibung sorgfältig studiert und alle geforderten Unterlagen eingereicht hat. In der Regel sind das:
- Ein Anschreiben, das klar die Motivation für die Stelle erläutert und auf Anforderungen eingeht, die nicht aus dem Lebenslauf ersichtlich sind.
- Ein strukturierter Lebenslauf, welcher nicht nur allgemeine Eckdaten beinhaltet, sondern auch auf die Anforderungen der Stellenausschreibung eingeht.
- Ausbildungs- und Arbeitszeugnisse – und zwar nur die aktuellsten, bzw. für die Stelle relevanten
- Zusätzlich von Ihnen verlangte Unterlagen oder Arbeitsproben
Eine Dritte Seite sowie die Angabe von Referenzen sind in der Regel optional, beweisen aber Engagement des Bewerbers und können bei der Beurteilung der Person sehr hilfreich sein. Ein Foto müssen Bewerber nach den Richtlinien des Allgmeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) nicht mitschicken. Übrigens ist auch das Fehlen von explizit in der Stellenausschreibung gewünschten Informationen wie frühester möglicher Eintrittstermin oder Gehaltsvorstellung ein Indiz für mangelnde Sorgfalt.
Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil
Bevor Sie die einzelnen Bewerbungskomponenten genau analysieren, sollten Sie diese zunächst auf Deckungsgleichheit mit dem Anforderungsprofil prüfen. Gerade bei einer Vielzahl von Einsendungen lassen sich Spreu und Weizen so schnell voneinander trennen. Dazu listen Sie am besten die von Ihnen geforderten Muss-, Soll- und Kann-Kriterien auf und überfliegen die Bewerbung auf der Suche nach den entsprechenden Angaben. Bewerber, die die Muss-Kriterien nicht vollständig erfüllen, erhalten eine direkte Absage. Im zweiten Schritt werden die Bewerber hinsichtlich der Erfüllung der Soll- und zuletzt der Wunschkriterien miteinander verglichen.
Analyse des Lebenslaufs
Der Lebenslauf ist das Kernstück der Bewerbung und sollte daher von Ihnen genau unter die Lupe genommen werden. Außerdem finden Sie hier Ansätze für Fragen, die Sie später im Vorstellungsgespräch stellen sollten. Sie können einen Lebenslauf in drei Schritten analysieren und bewerten:
Schritt 1: Zeitlichen Ablauf prüfen
Wie lange haben die einzelnen Arbeitsverhältnisse gedauert? Gibt es größere Lücken im beruflichen Werdegang? Mehrfache Arbeitsplatzwechsel vor allem während der Probezeit oder auffällig kurze Betriebszugehörigkeiten sind dabei eher negativ zu bewerten, in einigen Branchen jedoch durchaus üblich. Auch Lücken dürfen nicht vorschnell interpretiert werden, sondern sollten zum Anlass genommen werden, im Vorstellungsgespräch nachzuhaken.
Schritt 2: Kontinuität der Karriere bewerten
Wie hat sich die Karriere des Bewerbers entwickelt? Dienten Arbeitsplatzwechsel dem beruflichen Aufstieg oder der Polyvalenz? Oder scheinen die beruflichen Veränderungen im Lebenslauf eher wahl- oder ziellos zu sein? Der Verantwortungsbereich sollte im Idealfall mit jeder neuen Position des Bewerbers gewachsen sein. Ist erkennbar, dass der Bewerber oder die Bewerberin häufig zwischen zwei oder mehreren unterschiedlichen Berufen gewechselt hat, müssen Sie damit rechnen, dass auch der neue Job nicht von Dauer ist. Das gleiche gilt übrigens für Kandidaten, deren bisherige Motivation für einen Stellenwechsel ausschließlich auf höheren Gehaltszahlungen basierte.
Schritt 3: Firmen- und Branchenanalyse
Im dritten Schritt der Lebenslaufanalyse müssen Sie entscheiden, inwieweit die Erfahrungen, die der Kandidat oder die Kandidatin in verschiedenen Branchen, Berufen und Positionen gesammelt hat, für die zu besetzende Stelle von Bedeutung sind. Sind Sie der Meinung, das Know-How, z.B. aus einer anderen Branche, lässt sich gut auf die neuen Aufgabenstellungen transferieren, ist der Bewerber mit Sicherheit in der Lage durch seine Sichtweise innovative Ideen oder Lösungsansätze zu liefern.
Zeugnis-Check
Die Aussagekraft von Arbeitszeugnissen wird unterschiedlich beurteilt. Rein rechtlich sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, Arbeitszeugnisse wohlwollend zu formulieren. Daher werden oftmals lediglich positive Hinweise gegeben und aus übertriebener Vorsicht sämtliche Negativaussagen vermieden, beziehungsweise durch Auslassungen oder Geheimcodes umgangen. Einfache Arbeitsbescheinigungen ohne eine qualifizierte Beschreibung und Bewertung des Aufgabenbereiches können ebenso auf eine negative Leistung hinweisen. Ein vollständiges, qualifiziertes Arbeitszeugnis sollte Aufschluss geben über die Arbeitsleistung und Arbeitsergebnisse, das Verhalten am Arbeitsplatz, gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sowie über den Austrittsgrund. Doch professionelle und vollständige Arbeitszeugnisse können Sie in der Regel auch nur von Profis erwarten. Sie sollten Arbeitszeugnisse daher nicht überbewerten. Ist der Schreinermeister mit der Arbeit seines Lehrlings „zufrieden“, meint er das wahrscheinlich wörtlich und keinesfalls negativ.
Weiterbildungen
Bewerber, die viel Zeit und vor allem Freizeit investiert haben, um sich intensiv aus- und weiterzubilden, wecken grundsätzlich Interesse. Natürlich sollten sie die Weiterbildungsmaßnahmen auch durch die entsprechenden Dokumente belegen können. Doch Engagement allein ist nicht ausreichend. Genau wie bei der Analyse des Lebenslaufes muss der Personaler prüfen, ob die absolvierten Aus- und Weiterbildungen eine sinnvolle Kontinuität aufweisen und die berufliche Qualifikation für die angestrebte Position verbessert haben. Zudem lassen die Themen der Zusatzqualifizierungen, z.B. Personalführung, erkennen, welche Erwartungen die Bewerber an ihre berufliche Position stellen. Können diese mit der neuen Stelle nicht erfüllt werden, ist sie für den Kandidaten oder die Kandidatin vielleicht nur eine kurzfristige „Zwischenlösung“.
Was sollten Sie noch beachten?
Es gibt immer wieder Bewerber, die es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Das reicht von nicht vorhandenen „sehr guten“ Sprachkenntnissen, oder der Verantwortung für 30 (statt 3) Mitarbeiter bis hin zu gefälschten Zeugnissen oder erfundenen Arbeitgebern. Prüfen Sie also, ob die eingereichten Zeugnisse gefälscht sein könnten. Reste von beim Kopieren überdeckten Textstellen, unterschiedliche Schrifttypen, unpassende oder fehlende Stempel und Unterschriften sind Indiz dafür. Haben Sie Zweifel, dann lassen Sie sich in jedem Fall die Originale vorlegen. Im Internet lässt sich schnell überprüfen, ob die in der Bewerbung aufgeführten Arbeitgeber oder Weiterbildungseinrichten überhaupt existieren. Und im Einstellungsgespräch lassen sich Führungsverantwortung und Sprachkenntnisse durch gezielte Fragen oder eine kurze Diskussion in der Fremdsprache leicht nachprüfen.
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