Noch immer sind viele Unternehmen zu geizig für strategisches Recruiting und Personalmarketing. Dabei sind Vakanzen eine teure Angelegenheit. Wo genau die Kosten entstehen, wenn eine Stelle unbesetzt bleibt und wie man sie berechnet, erklären wir Ihnen in diesem Beitrag.
Stellenbesetzung in Deutschland „überdurchschnittlich schwierig“
Mehr Arbeitgeber als jemals zuvor haben Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Das zumindest besagt die Studie „Fachkräftemangel 2018“ der ManPowerGroup. Demnach können 45 Prozent der Unternehmen keine geeigneten Mitarbeiter finden. Für Konzerne und Großunternehmen ist die Situation sogar noch prekärer. 67 Prozent der Arbeitgeber in dieser Größenkategorie suchten im vergangenen Jahr vergeblich nach neuen Mitarbeitern, die die gewünschten Fähigkeiten und Qualifikationen mitbringen. Weltweit ist der Fachkräftemangel laut Studie auf dem höchsten Stand seit zwölf Jahren, in Deutschland ist es nach wie vor „überdurchschnittlich schwierig“, geeignetes Personal zu finden.
Mangelnde Investitionen in strategisches Personalmarketing
Wenn ein Unternehmen also große Probleme hat, offene Stellen zu besetzen, muss es – so die logische Konsequenz - den Invest in die Personalsuche erhöhen. Dennoch sucht man strategisches Recruiting und Personalmarketing vielerorts vergebens. „Für die Einstellung von Personal, das sich schwerpunktmäßig mit der Einstellung von Personal beschäftigt, ist angeblich kein Geld da“, bringt es Autor Henner Knabenreich auf den Punkt. Dabei kostet der Fachkräftemangel Deutschland jährlich rund 30 Milliarden Euro, schreibt die WELT und beruft sich dabei auf eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Doch diese abstrakten Horrorzahlen scheinen die Notwendigkeit zu handeln nicht deutlich zu machen. Viel wirkungsvoller ist es da, den Verlust vor Augen geführt zu bekommen, den die Vakanzen im eigenen Haus verursachen.
Was kostet eine unbesetzte Stelle?
Wer meint, strategisches Recruiting sei zu teuer, muss zu dem Schluss gekommen sein, dass es für das Unternehmen günstiger ist, Stellen im Zweifelsfall unbesetzt zu lassen. Immerhin spart das Personalkosten. Dass diese Milchmädchenrechnung nicht aufgeht, wird klar, sobald man sich die Mühe macht, die Kosten einer Vakanz konkret zu beziffern. Das ist zugegeben eine komplexe Aufgabe, denn die Einbußen, die das Unternehmen durch eine nicht besetzte Stelle erleidet, hängen von verschiedenen Faktoren ab. Als gängige Faustregel gilt aber: Eine Vakanz, die 83 Tage unbesetzt bleibt, kostet das Unternehmen ein komplettes Bruttojahresgehalt der entsprechenden Stelle.
Dass sich das Unternehmen Personalkosten spart, wenn es eine Stelle nicht neu besetzt, ist mehr als kurzfristig gedacht. Eine Vakanz verursacht immense Kosten:
- Prozesse verlangsamen sich (z.B. weniger Kundentelefonate, weniger Geschäftsabschlüsse, langsamere Bearbeitung von Reklamationen)
- Höhere Arbeitsbelastung bei den verbleibenden Kollegen, die die Aufgaben der vakanten Position übernehmen müssen
- Reaktives Abarbeiten und „Feuer löschen“, wichtiges innovatives Potenzial der Mitarbeiter kann aus Zeitmangel nicht mehr abgerufen werden
- Dem Unternehmen fehlt u.U. nicht nur eine Arbeitskraft sondern auch wichtiges Knowhow.
- Die Folge: Überarbeitung, Frust und im Zweifelsfall neue Ausfälle durch Krankheit oder gar Kündigung, die wiederum von den Kollegen aufgefangen werden müssen.
- Eine Negativ-Spirale entsteht und bremst die Produktivität der Mitarbeiter.
- Umsätze und Erlöse schrumpfen.
So berechnen Sie Vakanzen
Die tatsächlichen Kosten einer Vakanz lassen sich mit dem Cost of Vacancy berechnen. Für eine sinnvolle Planung des Recruiting-Budgets ist diese Kennzahl unentbehrlich. Bei der Berechnung geht man von der Annahme aus, dass jeder einzelne Mitarbeiter bzw. seine Arbeit einen bezifferbaren Anteil am Firmenumsatz erwirtschaftet, der dem Unternehmen im Umkehrschluss fehlen würde, wenn die Stelle vakant bliebe. Für einen aussagekräftigen Cost of Vacancy muss das Jahresgehalt durch die Anzahl der Arbeitstage (z.B. 251 in Baden-Württemberg) geteilt werden. Das Gehalt pro Arbeitstag wird dann je nach wirtschaftlicher Bedeutung der Stelle zunächst mit dem Faktor 1,2 oder 3 und danach mit der Anzahl der Tage multipliziert, die es in der Regel dauert, die Position neu zu besetzen (Time to Hire).
Ein Beispiel:
Eine leitende Vertriebsstelle mit einem Jahresgehalt von 85.000 Euro soll neu besetzt werden. Die Position hat direkten Einfluss auf das Unternehmensergebnis, daher wird bei der Berechnung der höchste Faktor 3 angesetzt.
Formel: Jahresgehalt : Ø Arbeitstage * Faktor * Ø Time to Hire = COV
85.000 Euro : 251 AT = 339 Euro/Tag * 3 = 1.016 Euro/Tag * 75 (Tage) = 76.200 Euro
Recruiting-Maßnahmen flexibel an den COV anpassen
Der fehlende Vertriebsmitarbeiter kostet das Unternehmen in rund 3 Monaten schlappe 76.200 Euro. Je höher das Einkommen, je zentraler die Bedeutung der Stelle für das Unternehmen und je länger die Recruiting-Zeit, umso teurer wird die Vakanz für den Arbeitgeber. In jedem Fall ist der COV ein brauchbarer finanzieller Rahmen, um strategisches Personalmarketing sinnvoll zu budgetieren. Mit einem Mix aus verschiedenen Recruiting-Maßnahmen – von Stellenanzeigen auf Jobbörsen über Mitarbeiterempfehlung und Recruiting-Events bis hin zu externen Headhuntern – lassen sich je nach Vakanz und deren COV auch die Recruiting-Kosten flexibel anpassen.
Quellen:
https://www.perspectivas.de/blog
https://personalmarketing2null.de
Bildquelle: © wutzkohphoto - Shutterstock.com
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