Recruiter sind meist sehr gut darin, Fehler in der Performance eines Kandidaten zu finden. Das ist Teil ihres Jobs. Dabei leisten sie sich aber mitunter selbst eine Reihe von verhängnisvollen Fehltritten. Der Personalexperte Marcus Reif gibt auf seinem Blog reif.org einige interessante Beispiele, in welchen Situationen Personaler noch dazulernen können. Wir haben die sieben größten Recruiting-Fauxpas für Sie zusammengefasst.
Bauchgefühl ja oder nein?
„Jein“, würde der Fachmann sagen. Während des Interviews – sei es telefonisch oder persönlich – hat Ihr Bauchgefühl nichts zu melden. Jetzt geht es darum, valide Fakten zu sammeln, Reaktionen zu beobachten und sachlich zu beurteilen. „Ihre Filter, Ihre Routinen, Erfahrungen und gewonnenen Überzeugungen sind beim Vorstellungsgespräch hinderlich“, sagt Reif. Auch Sympathie oder Antipathie zu Ihrem Gegenüber hätten in der Beurteilung der Eignung eines Kandidaten nichts verloren. Am Ende einer sachlichen Abwägung hingegen sollten Personaler ihr Bauchgefühl nicht ignorieren. Gerade wenn es um die kulturelle Passung des Kandidaten geht, kann es ein guter Ratgeber sein.
Auf der Jagd nach Einser-Kandidaten
Geht es um das Thema Zensuren, würden viele Personaler wohl eine schlechte Note kassieren. Aus dem einfachen Grund, weil sie ihnen zu viel Gewicht geben. Vergangene Zensuren sind jedoch nicht unbedingt eine Leistungsprognose, warnt Marcus Reif. Darüber hinaus gibt es für den Arbeitgeber wichtige Disziplinen, in denen keine Noten vergeben werden: Integrität, Loyalität, Zuverlässigkeit und Leidenschaft für den Job sind Elemente, die eine gute Karriere ausmachen. Kleiner Tipp: Werfen Sie doch mal einen Blick auf die eigenen Zensuren. Das kann unter Umständen ganz heilsam sein.
Gut ist Ihnen nicht gut genug
Auf der Suche nach dem perfekten Kandidaten sind Recruiter durchaus anspruchsvoll. Stellenanzeigen werden mit Muss-Kriterien vollgestopft und auch an wünschenswerten Kann-Kriterien mangelt es nicht, in der Hoffnung, die eierlegende Wollmilchsau demnächst zum Bewerbungsgespräch einladen zu können. Reif empfiehlt stattdessen: „Lösen Sie sich bewusst von der Silhouette des Ideal-Kandidaten. Suchen Sie Menschen, die Talent zeigen und ein Potenzial haben, welches in der zu besetzenden Vakanz sinnvoll einsetzbar ist.“
Und zwischendurch ein Interview
Ein Bewerbungsgespräch unvorbereitet zu führen, ist wohl einer der größten Recruiting-Fehler, die ein Personaler machen kann und ganz abgesehen davon auch respektlos dem Kandidaten gegenüber. Nutzen Sie die Struktur eines Gesprächsleitfadens, um den Bewerber sachlich und objektiv beurteilen zu können und vor allem seine Eignung mit derer anderer Kandidaten vergleichbar zu machen. Die Empfehlung vom Experten: „Recruiter und Hiring-Manager sollten 15 Minuten vorher im Meetingraum zusammenkommen. Schauen Sie sich die Bewerbung an. Gibt es Notizen oder Hinweise aus dem Telefoninterview? Auf was müssen Sie achten? Und falls Sie noch nicht eingespielt sind, sprechen Sie über die verschiedenen Rollen und Aufgaben.“
Smartphone, Laptop und Co.
In einem Bewerbungsgespräch darf der Kandidat Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit erwarten. Weder gehört das Smartphone auf den Tisch, noch sollte es während des Gesprächs in Ihrer Jackentasche vibrieren. Sie erwarten ja auch vom Bewerber, dass er sämtliche mobile Begleiter ausgeschaltet hat und sich ganz auf das Gespräch mit Ihnen konzentriert. Auch ein aufgeklappter Laptop vor Ihnen entwerte das Gespräch, so Recruiting-Experte Marcus Reif. Notieren Sie Ihre Beobachtungen lieber ganz analog mit einem Stift.
Personaler oben, Bewerber unten
Alte Denkmuster lassen sich manchmal nur schwer abstellen. Einige Recruiter verhalten sich in Job-Interviews noch immer, als hätten sie eine vermeintliche Machtposition inne. Sie halten lange Monologe und verbreiten Prüfungsangst statt einer angenehmen Gesprächsatmosphäre. Dabei stehen sie stellvertretend für das Unternehmen auf dem Prüfstand des Kandidaten. Fragen Sie sich deshalb selber gelegentlich vor einem Bewerbungsgespräch, wo Angebot und Nachfrage liegen. Führen Sie die Gespräche auf Augenhöhe, indem Sie aktiv und interessiert zuhören, Rückfragen stellen und den Bewerber ausreden lassen. „Selbst wenn Sie im Laufe des Interviews der Meinung sind, dass Ihr Gegenüber kein Angebot erhalten wird. Bringen Sie das Interview souverän und professionell zu Ende“, rät Reif.
Stringenzfetisch
Ein Lücke im Lebenslauf und Sie überkommt ein leichtes Unwohlsein? Ein abgebrochenes Studium, ein Jahr auf Reisen, ein weiteres voller Praktika und schon droht die Schnappatmung? Der keimfreie Lebenslauf wird noch immer von vielen Personalern bevorzugt. Reif empfiehlt dringend, diesen Stringenzfetisch abzulegen. „Aus der Masse heben sich Bewerber am besten ab durch praktische Erfahrungen. Das können Praktika sein, aber auch ehrenamtliches Engagement, außeruniversitäre Tätigkeiten oder Mitarbeit am Campus, gerne auch in einer studentischen Unternehmensberatungen.“ Stringenz im Lebenslauf ist längst kein Karrieregarant mehr.
Quelle: http://www.reif.org/blog/typische-fehler-personalauswahl/
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