Einen neuen Mitarbeiter zu finden oder eben einen neuen Arbeitgeber ist trotz zunehmender Digitalisierung und Technologisierung ein sehr persönlicher Prozess. Beide Seiten sind auf der Suche nach einer neuen (beruflichen) Beziehung. Recruiting ist also ein bisschen wie Dating mit modernen Kommunikationsmitteln – Hightouch mit Hightech sozusagen. Und wie in normalen Beziehungsdingen beginnt die Sache schief zu laufen, wenn es zu kompliziert wird.
Stellenanzeige soll Bild vom Joballtag vermitteln
Für seine aktuelle Candidate Behavior Study befragte CareerBuilder über 5.000 Jobsuchende sowie mehr als 1500 Personalverantwortliche in den USA und Kanada. Die Auswertung brachte eine klare Botschaft: Back to Basics! Wenn Unternehmen den Auswahlprozess und die Kommunikation mit dem Bewerber unnötig kompliziert machen, verliert dieser schnell das Interesse.
Ein gutes Beispiel ist das Anforderungsprofil in der Stellenbeschreibung. Hier wird in Personalabteilungen tagelang an komplexen Formulierungen gefeilt – auf und zwischen den Zeilen. Dabei wollen laut Studie 76 Prozent der Bewerber aus dem Anforderungsprofil lediglich herauslesen können, wie ihr Arbeitsalltag in diesem Job aussehen würde. 57 Prozent wünschen sich klare Aussagen über Muss- und Kann-Kriterien und für die Hälfte der Befragten ist es wichtig, realistisch einschätzen zu können, ob sie dem gesuchten Bewerbertyp entsprechen.
Back to Basics – so funktioniert es...
Hier einige Beispiele, wie Sie sich im Anforderungsprofil auf das Wesentliche konzentrieren, ohne den Bewerber abzuschrecken.
1. Legen Sie die Messlatte verbal nicht höher als nötig.
Wenn der Kandidat nach dem Lesen des Anforderungsprofils das Gefühl hat, nicht einmal Superman könne den Personaler beeindrucken, sollten Sie Ihre Wortwahl überprüfen. Durch Formulierungen wie „sind unerlässlich“, „ist unabdingbare Voraussetzung“, „wir erwarten“ oder „Sie müssen“ schüchtern Sie den Bewerber ein. Ersetzen Sie diesen eher unfreundlichen Stil durch einen einladenden Text. Manfred Böcker von HR-PR Consult hat dazu ein Beispiel:
Vorher: „Ein gutes Verständnis für wirtschaftliche und technische Zusammenhänge in der Telekommunikationsbranche ist unbedingte Voraussetzung.“
Nachher: „Sie bringen ein gutes Verständnis für wirtschaftliche und technische Zusammenhänge in der Telekommunikationsbranche mit.“
2. Analysieren Sie die aktuellen und künftigen Tätigkeiten
Um dem Kandidaten einen guten Eindruck vom Arbeitsalltag vermitteln zu können, muss auch der Personaler ausreichend Kenntnis davon haben. Sprechen Sie im Vorfeld mit allen für die Stelle relevanten Bezugspersonen (aktueller Stelleninhaber, Kollegen, Vorgesetzte, Kunden) und lassen Sie sich Tätigkeiten und Arbeitsabläufe genau beschreiben. Berücksichtigen Sie bei der Erstellung des Anforderungsprofils auch künftige Veränderungen zum Beispiel durch anstehende Gesetzesänderungen oder den gesellschaftlichen, politischen oder technologischen Wandel.
3. Benutzen Sie konkrete Beispiele für fachliche Anforderungen
Hochtrabende Begriffe in einem Anforderungsprofil sind wenig hilfreich, wenn sie unterschiedlich ausgelegt oder gar nicht verstanden werden. Besser ist es, fachliche Anforderungen anhand konkreter Tätigkeitsbeispiele zu beschreiben. Etwa so: „Sie sind mit Windows Office Programmen vertraut und können ohne Schwierigkeit einfache Excel-Tabellen und Powerpoint-Präsentationen erstellen.“
Hier spricht man von einer Operationalisierung der Kompetenzmerkmale.
4. Keine Soft-Skill-Wunschlisten
Auch geforderte Soft-Skills können vom Bewerber besser eingeordnet werden, wenn sie situativ beschrieben werden. Denn eine stereotype Auflistung à la „Teamfähigkeit, Kommunikationsgeschick und Flexibilität“ bringt ihn nicht dazu, sich gründlich mit den Anforderungen auseinanderzusetzen und sie mit der eigenen Persönlichkeit zu vergleichen. Böcker rät – ähnlich wie beim Jobinterview – konkrete Situationen im Joballtag zu beschreiben, um Wunscheigenschaften zu verdeutlichen. „Kommunikationsfähigkeit“ bei einem Vertriebler liest sich dann zum Beispiel so: „Sie telefonieren gerne täglich mit sehr vielen verschiedenen Menschen und können auch nach dem zwanzigsten Telefonat noch überzeugend sein.“
5. Auf Übereinstimmung bei Anforderungen und Tätigkeit achten
Es ist ja schön, wenn der Kandidat viele wertvolle Charaktereigenschaften und fachliche Befähigungen mit in die Firma bringt. Wenn diese aber für die tagtägliche Arbeit nicht relevant sind, ist niemandem geholfen. Wählen Sie für das Anforderungsprofil daher nur tatsächlich relevante Wunschkriterien. Der Kandidat muss beim Lesen der Stellenanzeige sämtliche Anforderungen auf die Aufgabenbeschreibung rückbeziehen können. „Wenn das Unternehmen perfekte Englischkenntnisse verlangt, aber weder aufgrund der Unternehmensbeschreibung noch im Aufgabenprofil erkennbar ist, wo diese zur Anwendung kommen sollen, wird die Stellenanzeige unglaubwürdig“, begründet Manfred Böcker.
6. Priorisieren durch Weglassen
Anforderungsprofile gleichen oftmals Kompetenzkatalogen, in denen so viele Kriterien wie möglich aufgelistet werden, priorisiert durch verbale Feinheiten von „zwingend notwendig“ bis „wünschenswert“. Doch ein wenig erfahrener Kandidat kann das nicht wirklich einordnen und ist durch die Menge an Anforderungen eingeschüchtert. Um die Komplexität zu reduzieren, gibt es eine wirksame Maßnahme: Weglassen. Überlegen Sie genau, auf welche Must-haves Sie bei einem Kandidaten nicht verzichten können und verzichten Sie stattdessen weitestgehend auf die Nice-to-haves. Angenehmer Nebeneffekt: Mehr Platz in der Stellenanzeige für situative Arbeitsbeschreibungen.
CareerBuilder Studie: Was erwarten Kandidaten bei der Jobsuche?
Der Recruiting-Prozess ist sehr unpersönlich geworden – sowohl für Kandidaten als auch für Recruiter. Und keiner der beiden ist mit den Erfahrungen, die gemacht werden, zufrieden. Die Herausforderung? Jede Partei hat unterschiedliche Vorstellungen davon, wie die jeweils andere tickt.
Für unsere Candidate Behaviour Studie, haben wir zusammen mit Inavero 4.505 Bewerber aus den USA sowie 505 Bewerber aus Kanada sowie 1.505 Personaler und Recruiter bezüglich aller Aspekte des Recruiting-Prozesses befragt.
Bei der Betrachtung der Ergebnisse wird eines besonders deutlich: Es wird Zeit, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren.
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