Veröffentlicht von CareerBuilder Germany am 23 März 2011
Themen: Arbeitsalltag - Mitarbeiterbindung - HR Management & Strategie | Keine Kommentare

Mobile Working: Mein Schreibtisch ist auch deiner - oder kein Schreibtisch?

Arbeiten wo und wann man will? Immer mehr Unternehmen fördern die Flexibilität ihrer Angestellten mit innovativen Arbeitsplatzkonzepten. Mobile Working soll das kreative Potenzial der Mitarbeiter erhöhen und stellt dabei das Management vor neue Herausforderungen. Wie soll man die Schäfchen hüten, die man nicht sieht? Herbert K. Meyer, Leiter Siemens Region West, kann diese Frage beantworten.

Schreibtischreviere, Stechuhren und Abteilungsdenken - die Relikte deutscher Unternehmenskultur sind längst überholt. Offenheit, Transparenz und Vertrauen gelten stattdessen als neues Credo bei der Arbeitsplatzgestaltung. Arbeitgeber versprechen sich dadurch mehr Motivation, Kreativität und ein größeres Gemeinschaftsgefühl in der Belegschaft. Nicht zuletzt sollen moderne und flexible Arbeitsplatzkonzepte auch den entscheidenden Vorsprung im Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Führungskräfte liefern.

Siemens Office: Mehr Vertrauen und weniger Kontrolle

Siemens hat als einer der ersten deutschen Konzerne eine umfassende Umgestaltung seiner Arbeitsumgebung beschlossen und an Standorten in den USA, Belgien, Großbritannien, Österreich und Kanada bereits umgesetzt. Dabei wird Mobile Working mit freier Arbeitsplatzwahl praktiziert. Einen festen Schreibtisch hat niemand mehr. Stattdessen trifft man sich zu Meetings an der Theke der Kaffeeküche oder im Loungebereich, zieht sich zum Nachdenken in eine Kreativzone zurück oder arbeitet an einem der 400 frei wählbaren Arbeitsplätze. Drucker, Steckdosen und WLAN sind überall im Gebäude verfügbar. Ein weiterer essentieller Bestandteil des Konzepts ist die Möglichkeit, auch von zu Hause aus arbeiten zu können. Das Konzept „Siemens Office“ soll nun auch den deutschen Mitarbeitern allerhand Vorteile bringen. Herbert K. Meyer, Leiter Siemens Region West, stellt das Konzept vor:

Herr Meyer, in wenigen Sätzen: Was ist „Siemens Office“?

„Siemens Office ist darauf ausgerichtet, durch eine moderne Arbeitsumgebung die Mitarbeiter zu motivieren und die Attraktivität des Unternehmens für neue Mitarbeiter zu fördern. Es ist ein neues Arbeitsplatzkonzept, das zeitgemäße Strukturen für den Mitarbeiter schafft: Flexibilität bei der Wahl seines Arbeitsplatzes, Unterstützung von Kreativität am Arbeitsplatz durch Bereitstellung unterschiedlicher Arbeitsumgebungen, Mobilität bei der Arbeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Nutzung von modernster IT.“

Der Standort Düsseldorf gilt in Deutschland als Pilotprojekt. Wie erfolgreich erwies sich der Pilot? Wird Siemens Office auch an weiteren Standorten hierzulande umgesetzt?

„Mit dem Verlauf des Pilotprojekts in Düsseldorf sind wir sehr zufrieden. Die Mitarbeiter sind stolz in einer so innovativen Arbeitsumgebung arbeiten zu können. Über die kommenden Jahre wird das neue Konzept kontinuierlich im gesamten Konzern umgesetzt. Bei Umzügen, Renovierungen oder Neubauten kommt Siemens Office zum Tragen, so z.B. auch bei dem Neubau der Konzernzentrale am Wittelsbacher Platz im Herzen von München.“

Was sind die fünf zentralen Vorteile, die die Siemensianer in Düsseldorf durch das neue Arbeitsplatzkonzept gewinnen?

„Die zentralen Vorzüge des neuen Siemens Office-Konzeptes kommen natürlich an allen Standorten zum Tragen, an denen das Konzept umgesetzt wird. Folgende Punkte halten wir für entscheidende Vorteile gegenüber klassischen Bürosituationen:

  • Höhere Motivation der Mitarbeiter durch Förderung der Vertrauenskultur
  • Bessere Vereinbarkeit von Beruf & Familie
  • Weniger Pendeln und somit weniger Stress
  • Stärkerer Austausch mit den Kollegen
  • Statistiken zeigen, dass die Anzahl der Krankheitstage bei Mobile Working sinken.“

Gibt es auch Nachteile?

„Jeder Veränderungsprozess wird von einer Eingewöhnungsphase begleitet. Demnach mussten einige wenige Mitarbeiter sich in den ersten Tagen in den neuen Büroräumen zunächst daran gewöhnen, dass der Schreibtisch wirklich jeden Tag nach Beendigung der Arbeitszeit im Sinne des "Clean Desk" freigeräumt sein muss. Das bedeutet, dass Arbeitsutensilien aber auch private Dinge zum Ende der Arbeitszeit im abschließbaren Sideboard (Locker) zu verstauen sind. Allerdings ist daraus bereits nach wenigen Wochen Routine geworden und wird jetzt von den allermeisten Mitarbeitern nicht mehr als einschränkend wahrgenommen.“

Was verspricht sich das Unternehmen vom Mobile-Working-Konzept?

„Im Mittelpunkt von Siemens Office steht eine Philosophie, die völlig neue Möglichkeiten für flexibles Arbeiten, ein innovatives Umfeld sowie die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Karriere bietet. Damit reagiert Siemens auf den globalen Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte und präsentiert sich als attraktiver Arbeitgeber. Letztendlich geht es aber auch darum, Mitarbeiter durch Kreativität zu Höchstleistungen zu motivieren.“
Kein eigenes Büro, kein fester Schreibtisch. Entbrennt da nicht – typisch deutsch – ein morgendlicher Wettstreit um den Schreibtisch mit der schönsten Aussicht?

Wie konnten Vorurteile und Ablehnung der Belegschaft abgebaut werden?

„Diese Bedenken gab es in der Tat vor der Einführung, jedoch haben wir am Standort Düsseldorf bereits sehr frühzeitig - noch weit vor dem Umzug - mit einer intensiven kommunikativen Begleitung des Themas begonnen. Das startete mit der Vorstellung des Gesamtkonzepts, der Darstellung von ganz normalen Abwesenheiten vom Arbeitsplatz bedingt durch z.B. Kundenbesuche, Urlaub oder Krankheit und der Schaffung des Bewusstseins auch mit einer reduzierten Anzahl von Schreibtischen genügend Arbeitsplätze vorzuhalten. Begleitet wurden diese Maßnahmen von einer regelmäßigen Berichterstattung zu Baufortschritten an der Baustelle in der Airportcity Düsseldorf, gefolgt von regelmäßigen Newslettern und Intranetbeiträgen zu dem Thema bis hin zu Informationsständen im Gebäude und ergänzenden Infoveranstaltungen.“

Das Konzept des umfassenden mobile Working, das auch verstärkt das Arbeiten von zu Hause unterstützt, basiert auf einer funktionierenden Vertrauensbasis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, sowie dem Vertrauen der Mitarbeiter untereinander. Wie wurden Führungskräfte auf diese neue Managementsituation vorbereitet?

„Für uns war es ein Kernelement für das Gelingen des gesamten Office-Konzeptes, die Führungskräfte ganz intensiv auf das Arbeiten mit Ihren Teams unter den neuen Rahmenbedingungen vorzubereiten. Bei dieser umfänglichen Change-Management-Aufgabe stand unsere Personalorganisation unterstützend zur Seite. Ergänzt wurden diese Aktivitäten durch spezielle Informationsveranstaltungen und Informationspakete für die Führungskräfte.

Wirklich glaubhaft führen heißt ja auch immer, von der zugrunde liegenden Idee als Führungskraft selbst überzeugt zu sein. Deshalb haben wir diesen Kommunikationsschritt entsprechend ernst genommen und intensiv als ganzheitlichen Change-Prozess vorangetrieben.“

 

Bildquelle: © Visionär - Fotolia.com

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