Führungskräfte, die nicht bereit sind Verantwortung abzugeben, sich in alles einmischen und Mitarbeitern keinen Freiraum lassen, nennt man Mikro-Manager. Sie wollen bis ins kleinste Detail bestimmen, kontrollieren und selber machen. Doch dabei bleiben nicht nur die Mitarbeiter auf der Strecke…
„Bevor ich die Aufgabe jetzt erklärt habe, erledige ich sie schnell selber.“ Kommt Ihnen dieser Gedanke bekannt vor? Hinter der vermeintlichen Zeitersparnis kann unter Umständen ein ungesunder Führungsstil stecken. „Mikro-Management“ nennt die Wissenschaft die Führung an einer sehr kurzen Leine.
So wie einst Steve Jobs
Mikro-Manager sind meist nicht in der Lage zu delegieren und missachten dabei Hierarchiestufen nach unten. Sie haben das Bedürfnis, sich um alles selbst zu kümmern und immer über alles informiert zu sein. Eine übertriebene Detailorientierung in allen Belangen ist dabei ebenso charakteristisch wie permanente Kontrolle und ständige Rückfragen. Apple-Gründer Steve Jobs wird nachgesagt, einen solchen Führungsstil gepflegt zu haben. Ein Vergleich mit dem Erfinder des Macbooks, iPhones und iPads mag im ersten Moment schmeicheln, aber nicht jeder Mikro-Manager kann mit einem weltweit gefeierten Produkt einen fragwürdigen Führungsstil in den Hintergrund rücken lassen.
Bis ins kleinste Detail
Wenn Führungskräfte Aufgaben lieber selbst erledigen, als sie zu delegieren, trauen sie ihren Mitarbeitern ein zufriedenstellendes Ergebnis wahrscheinlich nicht zu. Stattdessen halten sie sich mit Details auf, die überhaupt nicht in ihren Aufgabenbereich fallen. Sie verzetteln sich, ackern den ganzen Tag, um am Abend festzustellen, keinen Schritt vorangekommen zu sein. Müssen sie doch einmal delegieren, sind ihre Arbeitsanweisungen so detailliert, dass ein individueller Lösungsansatz des Mitarbeiters quasi ausgeschlossen ist. Hinzu kommt ein extremer Kontrollzwang. Der Mitarbeiter muss in kurzen Abständen über Verlauf und Fortschritt der Aufgabe berichten und wird damit selbst im Arbeitsfluss gebremst. Lediglich in Bereichen, in denen strenge gesetzliche Vorgaben keinerlei Spielraum lassen, zum Beispiel beim Thema Compliance oder im Berichtswesen von börsennotierten Unternehmen, kann Mikro-Management ein adäquater Führungsstil sein.
Mikro-Management ist eine Frage der Persönlichkeit
Meist liegt der Hang zum Mikro-Manager jedoch in der Persönlichkeit der Führungskraft selbst begründet. Mikro-Managern mangelt es typischerweise an Selbstvertrauen, das sie durch ihr ausgeprägtes Sicherheits- und Kontrollbedürfnis zu kompensieren versuchen. Ewas zu delegieren, bedeutet für Sie, ein Risiko einzugehen. Schließlich kann man nicht wissen, was am Ende dabei herauskommt, wenn man eine Aufgaben an andere weitergibt. Indem sie sämtliche Verantwortung an sich reißen, vermeiden sie den Kontrollverlust. Ihr Mangel an Delegationsfähigkeit senkt dabei ihre eigene Produktivität sowie die des gesamten Teams. Statt sich zu entlasten, treiben sie sich selbst in die notorische Überarbeitung und ihre Mitarbeiter zur mentalen Kündigung. Denn wer immer alles selber machen will, vermittelt kein Vertrauen in die Fähigkeiten anderer, bremst ihre Weiterentwicklung und damit ihre Motivation für den Job.
Statt Eigenverantwortung nur Dienst nach Vorschrift
Mikro-Management an der falschen Stelle ist Gift für eine gesunde Unternehmenskultur. Weil er seinen Mitarbeitern immer ins Handwerk pfuscht, zeigt er weder Wertschätzung noch Vertrauen. Kreativität und intrinsische Motivation werden im Keim erstickt. Statt eigenverantwortlichem Arbeiten gibt es nur Dienst nach Vorschrift. Zudem zerstört er nachgelagerte Hierarchien, weil er nicht bereit ist, Verantwortung abzugeben. Durch seine geringe Fehlertoleranz und die ständigen Kontrollen fühlen sich die Mitarbeiter überwacht und verunsichert. Eine Situation, die sie bis zur Kündigung treiben kann. Das Problem: Versucht der Mikro-Manager nun die Lage zu verbessern und seinen Mitarbeitern mehr Freiräume zu lassen, sind diese damit schlichtweg überfordert. Denn die Mitarbeiter sind eigenständiges Arbeiten nicht gewohnt. Der Mikro-Manager fühlt sich in seinem Führungsstil bestätigt und die Frustrationsspirale dreht sich weiter.
Veränderung ist möglich, aber nicht von heute auf morgen
Die Karriere eines Mikro-Managers ist tendenziell eher kurz. Zu groß sind seine Defizite im Strategischen sowie in der Personalführung. Und weil er das Arbeitsmotto „Alles über meinen Tisch“ vorgibt, manövriert er sich selbst an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Trotzdem gibt es Wege aus dem Dilemma. Die Voraussetzung dafür ist, den eigenen Führungsstil kritisch zu hinterfragen und bereit zu sein, persönliche Einstellungen zu ändern. Hier helfen offene und konstruktive Gespräche mit den Mitarbeitern. Dem Manager muss daran liegen, in Erfahrung zu bringen, wie seine Führung wahrgenommen wird. Eine klare Verteilung von Aufgaben und Kompetenzen hilft ihm, künftig besser zu delegieren und damit den Mitarbeitern mehr Vertrauen entgegenzubringen. Im Gegenzug erklären diese sich bereit, freiwillige Rückmeldung an den Vorgesetzten zu geben, so dass dieser sich auch ohne ständige Kontrolle immer ausreichend informiert fühlt. Auch sie müssen sich erst an die neue Arbeitsweise mit mehr Eigenverantwortung gewöhnen. Das geht nicht von heute auf morgen und erfordert von beiden Seiten Geduld und Toleranz.
Quellen: www.faz.net, www.germanblogs.de
Bildquelle: © apops - Fotolia.com
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