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Drittes Geschlecht in Stellenausschreibungen: So vermeiden Sie auch künftig ungewollte Diskriminierung

Geschrieben von CareerBuilder Germany | 30 November 2021

Wie sollten Arbeitgeber Stellenanzeigen künftig formulieren, um vor dem Hintergrund eines weiteren Geschlechtseintrages Diskriminierungen zu vermeiden?  Katharina Schumann, Fachanwältin für Arbeitsrecht, beantwortet die wichtigsten Fragen. Denn die Zeit, in der sich Ihre Belegschaft aus Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zusammensetzte, geht zu Ende. Hintergrund ist der Beschluss des Bundesgerichtshofes aus 2017, nach dem die Regelungen des Personenstandsrechts gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität sowie gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, soweit sie im Geburtenregister neben dem Eintrag "weiblich" oder "männlich" keinen dritten Geschlechtseintrag ermöglichen. Intersexuelle Personen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, würden so in beiden Grundrechten verletzt. Bis Ende 2018 hat der Gesetzesgeber Zeit, eine Neuregelung zu schaffen, die die zwischen 100.000 und 160.000 in Deutschland lebenden intersexuellen Menschen berücksichtigt und eine Eintragung „divers“ in das Geburtenregister ermöglicht.

m/w/d mit diversen Folgen für betriebliche Abläufe

Vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) sind viele Arbeitgeber nun verunsichert. Eine dritte Option neben ‚männlich‘ und ‚weiblich‘ hat – sofern man auch künftig Diskriminierungen vorbeugen möchte – weitreichende Folgen für die betrieblichen Abläufe. Angefangen von der schriftlichen Ansprache der Kollegen über Formulierungen in Arbeitsverträgen bis hin zur geschlechtsneutralen Toilette. Auch Stellenanzeigen sind von der Neuregelung betroffen. Was es dabei künftig zu beachten gilt, hat Katharina Schumann, Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Münchner Kanzlei Lehner & Kollegen, für Sie zusammengefasst.

Was müssen Arbeitgeber ab dem 1. Januar 2018 bei der Formulierung von Stellenanzeigen beachten?

„Grundsätzlich ist zu sagen, dass sich die Rechtsprechung nicht zwingend ändern wird. Sollte eine Stellenanzeige diskriminierend ausgeschrieben sein, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt ist, bleibt dies weiterhin ein Verstoß gegen das AGG. Um aber künftig eine Diskriminierung zu vermeiden, wird es nicht mehr ausreichen, nur die beiden Geschlechter ‚männlich‘ und ‚weiblich‘ anzuführen. In Stellenausschreibungen müssen Arbeitgeber dann auch Personen berücksichtigen, die sich nicht dauerhaft dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen lassen – zum Beispiel durch den Zusatz ‚inter‘ oder ‚divers‘.“

Gilt das auch für bereits veröffentlichte Anzeigen in einem noch laufenden Bewerbungsprozess? Sollte der AG in dem Fall die Anzeigen nachträglich anpassen?

„Das wäre zumindest ratsam, um eine Diskriminierung hinsichtlich des Geschlechts auszuschließen. Denn die BGH-Rechtsprechung betrifft, unabhängig von der Änderung des Personenstandsgesetzes, auch bereits laufende Stellenausschreibungen. Hier sollte jedoch abgewogen werden, wie hoch das Risiko überhaupt ist, dass sich eine Person bewirbt, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuzuordnen ist und somit überhaupt erst eine Diskriminierung dieser Person vorliegen könnte. Zukünftige Stellenausschreibungen sollten aber in jedem Fall mit allen drei Geschlechtsangaben versehen sein.“

"Inter", "divers" oder "anders" - welcher Zusatz ist denn nun richtig?

„Hierzu gibt es keine klare Vorgabe. Ich empfehle aber, den Begriff ‚divers‘ oder abkürzend ‚d‘ zu verwenden, da dieser auch im Gesetzesentwurf für die Änderungen im Personenstandsgesetz vorgesehen ist. Von der Formulierung „anders“ ist jedenfalls dringend abzuraten. Gegebenenfalls kann es einfacher sein, für die Stellenanzeige einen vollkommen geschlechtsneutralen Jobtitel, wie beispielsweise ‚Personalleitung‘, zu wählen.“

Lassen sich allzu komplizierte Formulierungen in der Stellenanzeige auch anders vermeiden?

„Alternativ zur Ergänzung ‚männlich / weiblich / divers‘ oder eben ‚m/w/d‘ können sich Arbeitgeber in der Stellenanzeige für eine Schreibweise entscheiden und in einer Fußnote jedwede Diskriminierung ausschließen. Das könnte in etwa so lauten: Die männliche Schreibform dient allein der Vereinfachung und steht für die geschlechtsneutrale Bezeichnung des Berufs. Angesprochen und Willkommen sind alle Menschen, gleich welchen Geschlechts (m/w/d).“

Mit welchen Konsequenzen müssen AG rechnen, wenn die Stellenanzeigen nicht konform mit der neuen Rechtsprechung ist?

„Hieran wird sich wie gesagt nichts ändern. Ist eine Stellenanzeige diskriminierend und ist das sachlich nicht gerechtfertigt, dann macht sich der Arbeitgeber (w/m/d) gegenüber dem Bewerber (w/m/d) schadensersatzpflichtig und muss ggf. auch noch eine Entschädigung zahlen. (§ 15 AGG)“

Weitere Informationen rund um das Thema AGG finden Sie ebenfalls auf unserem Blog!

Mehr Informationen: www.lehner-kollegen.de

Quellen:

https://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/inter-oder-divers-arbeitsrechtliches-zum-dritten-geschlecht_76_447578.html

http://www.badische-zeitung.de/freiburg/drittes-geschlecht-wie-gut-sind-verwaltung-und-gesellschaft-in-suedbaden-vorbereitet--159942627.html

https://persoblogger.de/2018/04/10/stellenanzeigen-diskriminierungsfrei-und-das-dritte-geschlecht-maennlich-weiblich-inter-bzw-divers/

 

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