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The Future of Work – Flexibilität und Effizienz des Virtuellen Arbeitens

Geschrieben von CareerBuilder Germany | 12 Januar 2018

Ein Gastbeitrag von Alexander Eser.

„Unser Kollege in Argentinien hat dazu doch letztens noch ein Dokument in unserem Workspace hochgeladen und unser Konzeptionist aus China hat in der gestrigen Videokonferenz einige Verbesserungen angemerkt.“ So oder so ähnlich kann eine Aussage zum weiteren Vorgehen im modernen Projektmanagement lauten. Entwickelt werden Projekte schon lange nicht mehr nur am großen runden Tisch im achtstöckigen Hochhaus im Unternehmerviertel. Der Schöpferschwerpunkt hat sich verschoben. Große Aufgaben löst man heute in online vernetzten Gruppen - das sogenannte Virtuelle Arbeiten revolutioniert die Arbeitswelt und öffnet Türen, hinter denen sich Effizienz und Kreativität verbergen.

Die Entbindung vom örtlichen Schwerpunkt: Geringe Präsenz, bessere Ergebnisse.

Wie Eingangs schon kurz erwähnt liegt es dem Menschen nahe, große und umfangreiche Aufgaben in einer Gruppe zu bewältigen. Diese Tendenz ist fest in uns verankert. Schon unsere Vorfahren fanden sich in Gruppen zusammen, um die große Wildkatze zu verjagen, die um das Lager tigerte und bedrohlich fauchte. Speere wurden gewetzt, Pläne geschmiedet und das Tier schließlich vertrieben. Der Gruppengedanke war damals wie lange Zeit auch im 21. Jahrhundert auf eine örtliche Zusammenkunft der Akteure beschränkt. Man fand sich in großen Höhlen zusammen oder halt am Konferenztisch im verglasten Wolkenkratzer. Malereien wurden angefertigt, die den Plan skizzierten oder Flipcharts und Power-Points präsentiert die das weitere Vorgehen beschreiben.

Das Virtuelle Arbeiten entbindet jedoch den Schaffensprozess eines Projekts vom festen Ort und verteilt Aufgaben teilweise auf die ganze Welt. Die über Online-Plattformen vernetzten Virtuellen Teams, die gemeinsam an bestimmten Projekten arbeiten, kommen meist aus den verschiedensten Ländern und noch viel wichtiger: Aus verschiedenen Unternehmen oder Institutionen. Die beteiligten Akteure treten im Team als individuelle Arbeitskräfte auf. Der Fokus liegt vielmehr auf den fachspezifischen Kenntnissen, die sie zeitlich begrenzt in das Projekt einbringen. Das Arbeiten in Virtuellen Teams lässt sich daher mit dem Prinzip des „hiring on demand“ beschreiben, übersetzt also dem „Einstellen nach Bedarf“. Im Fokus steht folglich der erbrachte Einsatz der Arbeitskräfte und dessen Qualität für das Team und das Projekt. Der Aspekt des Arbeitsverhältnisses rückt in den Hintergrund.

Die Herausforderungen und Hindernisse der Virtuellen Kommunikation

Dass diese Teils anonyme Form der Arbeitsorganisation viele Herausforderungen und Hindernisse mit sich bringt, ist naheliegend. Für Menschen, die ihre Arbeitskollegen gerne auch privat kennen lernen wollen, um die Zusammenarbeit zu fördern, ist das Arbeiten in einem Virtuellen Team das falsche Umfeld. Der persönliche Kontakt wird meist auf rein professionelle Gesichtspunkte beschränkt.

Mit dem tatsächlichen Vollzug der eingeteilten Arbeitsabläufe geht eine weitere Schwierigkeit einher, die nur durch besonders hohe Ordnung und Organisation vermieden werden kann. Aufgrund der individuell verteilten Deadlines für einzelne Teammitglieder und ihre Aufgaben kann es öfter vorkommen, dass nicht alle Akteure zur gleichen Zeit für Video- oder Telefonkonferenzen zur Verfügung stehen.

Und auch die oftmals sehr differierenden Herkünfte der Gruppenmitglieder kann gemeinsam mit der kommunikativen Auslegung auf eine Online-Plattform Schwierigkeiten mit sich bringen. Zum einen muss eine grundsätzliche Form der Kommunikation, also eine sprachliche Vereinheitlichung oder Konsensbildung stattfinden. Zum anderen wird von allen Gruppenmitgliedern verlangt sich mit medienvermittelter Kommunikation auszukennen und überdurchschnittliche Softskill-Fähigkeiten in puncto zwischenmenschlicher Verständigung zu besitzen.

Das richtige Organisationsprogramm als Schlüssel zum „Virtuellen Erfolg“

Der wichtigste Schritt, um das „Cloudworking“ transparent und effektiv zu gestalten, ist die Wahl eines für die Gruppenbedürfnisse adäquaten Programme für die digitale Zusammenarbeit. Der angesprochene Umstand, dass sich die Standorte der Teilnehmer meist auf der ganzen Welt verteilen, macht eine zuverlässige und auf die vorliegenden Aufgaben angepasste Software unabdingbar.

Auf dem Software-Markt gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Angeboten, die eine gute bis sehr gute Online-Kommunikation ermöglichen. Beispiele hierfür sind MS Project, Wrike, Meistertask, Slack, Taskworld, Podio, Trello, Basecamp oder Redbooth. Keines dieser Programme ist vom Funktionsumfang, Bedienung oder Software-Vorkenntnissen identisch mit dem anderen.

Das Institut für Arbeitsdesign und Zukunftstechnologien e.V.  verglich erstmals im Oktober 2014 verschiedene Collaboration-Tools in unterschiedlichen relevanten Aspekten miteinander. Im März 2017 aktualisierte das Institut seine Untersuchungen und verglich zehn statt fünf Tools in unterschiedlichen Kategorien.

Lobend erwähnt wurden in der Auswertung des Vergleichs vor allem die Programme Podio und Taskworld. Podio glänzte laut den Testern vor allem durch seine individuelle Anpassbarkeit: Persönliches Dashboard, Projekte und unbegrenztes Filesharing zählen zu den Stärken des von Citrix entwickelten Projektmanagemet-Tools. Das amerikanische Kollaborationstool Taskworld, das von Fred Mouawad erfunden wurde, glänzte vor allem durch simple Templates, individuelle Kommentarfunktion, umfangreiche Tag-Funktionen auf vielen Ebenen und einfacherer Integration von E-Mails.

Aus dem Vergleich besonders herausgehoben wurden außerdem MS Project und Slack. Beide Programme könnten jedoch kaum unterschiedlicher sein. Während MS Project mit der Integration von OneNote, SharePoint oder MS Office interessante Ansätze bietet und vor allem für versierte Tool-User geeignet ist, greift Slack die neumodische Begeisterung für Hashtags, Emojis, oder Kurznachrichten auf und präsentiert sich als eine erfrischende aber auch grundsolide Alternative zu alteingesessenen Kollaborationstools.

Vorteile des Cloudworkings: Steigende Qualität, größere Selbstbestimmung

Werden die zahlreichen Herausforderungen und Hindernisse mithilfe eines passenden Programms und einer guten Vertrauensbasis überwunden, ist der Ertrag des Cloudworkings vielschichtig gekennzeichnet.

Durch die Entkopplung des Arbeitsprozesses von einem bestimmten Ort und einem stark determinierten unternehmerischen Umfeld werden heterogene Gruppen geschaffen. Diese erreichen, dass Projektergebnisse qualitativ hochwertiger und differenzierter gestaltet werden. Hinzu kommt der Aspekt der Vernetzung zwischen Unternehmen und Institutionen. Die Bildung Virtueller Teams legt oft den Grundstein für weitere Konzepte und kann neue zwischenunternehmerische Projekte begründen, sowie Marktgebiete erschließen.

Neben den positiven Effekten auf gemeinsamen Arbeitsprozessen und Ergebnissen, also Abläufen und Zielen, die in das Wirkungsfeld der Gruppe fallen, hat das Arbeiten in der Cloud auch große Vorteile für die einzelnen Mitglieder. Revolutioniert wird primär der Aspekt der Arbeit. Für die Mitglieder des Virtuellen Teams, bringt das „Arbeiten in der Cloud“ den großen Vorteil, Arbeit flexibel machen zu können. Gemeint ist damit, dass das Erledigen von Aufgaben meist einer Deadline unterliegt, der Arbeitsfluss bis zu dieser Deadline aber frei eingeteilt werden kann. Es ist also den Gruppenmitgliedern vorenthalten, wann, wo und in welchem täglichen Umfang sie Aufgaben erledigen. Diese neu gewonnene Freiheit der Arbeitseinteilung und Erledigung schafft Individualität und fördert Kreativität, sowie Selbstmanagement.

Nicht zuletzt und in der heutigen Gesellschaft von immer größerer Bedeutung ist der interkulturelle Aspekt, den das Virtuelle Arbeiten mit sich bringt. Meist arbeiten Menschen verschiedenster Länder, Kontinente und Kulturen zusammen. Dieser Umstand unterstützt nicht nur die Anerkennung fremder Leistungen, sondern trägt auch wesentlich zum interkulturellen Verständnis bei und fördert Toleranz und Akzeptanz.

Megatrends: Die Virtualisierung als größte Tendenz des 21. Jahrhunderts

Die Tendenz der Virtualisierung und Digitalisierung findet jedoch nicht nur im Bereich des Projektmanagements statt. Der virtuelle Trend ist in vielen Lebensbereichen auf dem Vormarsch: Nachrichtendienste setzen zunehmend auf elektronische Medien, Einkäufe werden per Handy oder PC getätigt und Spracherkennungssysteme wie Alexa oder Siri planen für uns die gesamte Woche durch.

Systeme und Programme sind also längst nicht mehr nur so schlau, wie derjenige, der sie bedient. Computer und Maschinen haben längst ihren eigenen Kopf: Die Artifical Intelligence, zu Deutsch die künstliche Intelligenz von Software macht die Maschine zum Arbeitskollegen des Menschen. Oft ist in diesem Zusammenhang von „Industrie 4.0“ die Rede. Von der Mechanisierung der Arbeit, über das Scientific Management, das durch Frederick Winslow Taylor im späten 19. Jahrhundert geprägt wurde und dem spezialisieren von Fachkräften auf bestimmte Arbeitsabläufe, der sogenannten Facharbeit, erreicht Produktivität mit dem Einsatz von intelligenten Maschinen einen neuen Level. Die Möglichkeit mit der physischen Welt in Interaktion zu stehen, über Sprachverständnis und Sprachvermögen zu verfügen, die Fähigkeit für Problemsituationen Lösungsansätze zu finden- All diese Attribute machen Maschinen und Software für den Menschen des 21. Jahrhunderts zu einer so reizvollen Hilfe im Alltag und der Arbeitswelt.

Mit diesem Wandel einher gehen weitere sogenannte „Megatrends“, die auch das Virtuelle Arbeiten in ganz verschiedener Weise begünstigen oder vor Herausforderungen stellen. Die Trends durchdringen dabei nahezu alle Lebensbereiche: Politik, Gesellschaft, Umwelt oder Wirtschaft. Für das virtuelle Arbeiten sind vor allem all jene Trends von Bedeutung, die mit Gesellschaft und Wirtschaft in Verbindung stehen und mit der Digitalisierung und Virtualisierung korrespondieren: Social Business, Me-Cloud, Social Networks oder E-Commerce sind nur ein Auszug aus einer Vielzahl von Trends.

Aber auch gesellschaftliche Aspekte außerhalb der virtuellen Welt nehmen immensen Einfluss auf das Cloudworking. Dazu zählen vor allem der Sub-Trend Diversity, also das Anerkennen und schätzen nationaler, sowie kultureller Vielfalt oder das Phänomen der Small-World-Networks, also kleineren Netzwerke mit zentralen Knotenpunkten die sich auf die ganze Welt verteilt sind. Damit einher geht eine stetig wachsende Wir-Kultur, der jedoch ein parallel ansteigender Autonomitätsanspruch einzelner Individuen gegenübersteht, der das Arbeiten in virtuellen Gruppen erschweren kann, den Siegeszug Virtueller Arbeit aber wohl kaum zum erliegen bringen wird.

 

Über den Autor:

Alexander Eser hat nach seinem Studium in Berlin, Oslo und Rotterdam das digitale Verbraucher-Magazin Kaufberater.io dezentral mitgegründet. Neben digitalen Geschäftsmodellen und Statistik, interessiert sich er sich vor allem für Fitness, Snowboarden und Reisen.

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