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Warum Stellenanzeigen aus Kandidatenperspektive erfolgreicher sind

Geschrieben von CareerBuilder Germany | 14 Juli 2020

Stellenanzeigen in Deutschland: Zu viel Einheitsbrei

Sie haben viel Zeit und Kosten in die Gestaltung einer Stellenanzeige investiert. Trotzdem will es mit dem Talentnachwuchs nicht so recht klappen. Das legt die Vermutung nahe, dass Sie Ihre Zielgruppe mit dem Jobangebot entweder nicht erreichen oder nicht überzeugen konnten. Da sind Sie in guter Gesellschaft. Eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens Employer Telling und der Softwarefirma Textkernel führt Deutschlands Arbeitgebern deren Einfallslosigkeit vor Augen, wenn es um das Verfassen einer schriftlichen Stellenanzeige geht. Zu viel Einheitsbrei und zu wenig Differenzierung, zu viele „-ungs“ und zu wenig aktive Sprache, zu viele Informationen, die eigentlich nicht interessieren.

Studie: Club der Gleichen – Edition Stellenanzeige

Für die Studie wurden in einer Kombination aus qualitativer Sprachanalyse und technischer Auswertung 120.000 Online-Stellenanzeigen von über 500 Arbeitgebern analysiert. Für alle, die jetzt ohnehin das Aussterben der Stellenanzeige orakeln: Laut Textkernel hatten Anfang Oktober 279.352 Unternehmen insgesamt rund 1,3 Millionen Online-Anzeigen in Deutschland live geschaltet. Doch Differenzierung sucht man in der Menge vergebens. „Arbeitgeber sind mehr ein ‚Club der Gleichen‘ als differenziert kommunizierende Unternehmen, die den Bewerbern im besten Fall unverwechselbare Anhaltspunkte für eine Jobentscheidung liefern. Kommunikativer Einheitsbrei regiert die Szenerie, die werblich und nicht inhaltlich getrieben ist.“

Perspektivwechsel: Stellenanzeigen aus Sicht des Kandidaten

Wie gelingt es also, sich unverwechselbar zu präsentieren – und zwar in den wenigen Zeilen, die eine Stellenanzeige bietet? Employer Telling und Textkernel liefern diverse Optimierungsansätze. Der vielleicht wichtigste: Stellen Sie sich die Frage, wen Sie mit der Anzeige überzeugen wollen. Die Fachpresse? Die Branchengrößen? Den Vorstand? Nein, Sie wollen einen neuen qualifizierten Mitarbeiter von Ihren Vorzügen als Arbeitgeber überzeugen. Also müssen Sie die Perspektive wechseln. Schreiben Sie eine Stellenanzeige immer aus Sicht des Kandidaten, nicht aus der überlegenen Unternehmensperspektive. Beantworten Sie seine Fragen in Formulierungen, die er oder sie versteht. Zeichnen Sie ein Bild dessen, was ihn an seinem neuen Arbeitsplatz erwartet. Die Studienautoren empfehlen, in jedem Abschnitt der Stellenanzeige die zentralen Kandidatenfragen zu beantworten. Im Grunde ergeben diese wiederum die Gliederung Ihrer Anzeige:

Wer ist mein neuer Arbeitgeber?

Hier ist Platz für die Unternehmensdarstellung, aber bitte kopieren Sie nicht ein Teil des Standard-Portraits in die Stellenanzeige. Stellen Sie das Unternehmen als Arbeitgeber vor –  aus Bewerberperspektive. Mehr als ein Viertel der gesamten Anzeige sollte die Eigendarstellung nicht umfassen.

Welche Aufgaben erwarten mich?

Die Jobbeschreibung ist der wichtigste Teil der Stellenanzeige. Leider verlieren viele Unternehmen sich hier in endlosen Substantivierungen (Herstellung, Prüfung, Verantwortung, Erbringung, Bereitstellung), die dem Kandidaten die Lust am Job nehmen. Er möchte wissen, wie sein Arbeitsalltag konkret aussieht, wo und mit wem er zusammenarbeitet und welchen Sinn seine Arbeit stiftet. Mit einer zusammenhanglosen Summe von Einzeltätigkeiten gelingt das nicht.

Bin ich der oder die Richtige für diesen Job?

Die Anforderungsprofile der meisten Stellenanzeigen sind austauschbar und lesen sich wie eine „handelsübliche Wunschliste der Personalabteilungen“: teamfähig, engagiert, zielstrebig, flexibel etc. Stattdessen sollten die Anforderungen einen direkten Bezug zur Jobbeschreibung haben und somit für den Bewerber Sinn machen. Sonst laufen Sie Gefahr, den Kandidaten mit überzogenen Forderungen einzuschüchtern oder von ihm nicht ernst genommen zu werden, weil ohnehin alle das Gleiche schreiben.

Was kann mir dieser Arbeitgeber / dieser Job bieten?

Eins, zwei, drei – Chance vorbei. Laut Analyse fehlt ein solcher Abschnitt nach wie vor in sehr vielen Anzeigen. Arbeitgeber verschenken dadurch wichtiges Werbepotenzial, denn hier könnten sie klar herausstellen, warum Bewerber sich ausgerechnet auf diesen Job und bei diesem Unternehmen bewerben sollten. Wenn Sie Argumente liefern, sollten diese auch überzeugend sein. Mit Worthülsen wie „Work-Life-Balance“ oder „Teamgeist“ erzielen Sie keinen Wow-Effekt.

Wen frage ich?

Was muss ich als nächstes tun? Wohin mit der Bewerbung? Die Kontaktzeile in Stellenanzeigen wird oft unterschätzt. „Kandidaten empfinden diese jedoch als Ausdruck der Wertschätzung. Insbesondere kleine und mittelständische Arbeitgeber können hier punkten, indem sie Bewerber an der gut geölten Massenrecruitingmaschine der Großen vorbei persönlich an Bord holen.“

Weltweit führende Unternehmen suchen u.a. teamfähige Mitarbeiter mit gutem Abschluss

In ihrer Studie nehmen Textkernel und Employer Telling die deutschen Stellenanzeigen Wort für Wort auseinander, analysieren sprachliche Stilmittel, inhaltliche Aussagen und kommen dabei zu interessanten Ergebnissen: Der Lieblingsbegriff deutscher Arbeitgeber ist mit deutlichem Abstand „weltweit“. Auf die Studie bezogen wurde er satte 26.466 Mal verwendet. Es folgen „führend“ und „international“. Das meist genutzte Schlagwort in den Jobbeschreibungen ist „u.a.“ oder „unter anderem“, während der perfekte Kandidat für deutsche Arbeitgeber „teamfähig“ und „flexibel“ ist und einen „guten Abschluss“ hat. Damit Sie nicht auch im Einheitsbrei versinken, haben wir einige Tipps für Sie:

  • Vermeiden Sie Bandwurmsätze und Füllwörter. Dieser Sprachstil ist nicht kandidatengerecht und in vielen Fällen auch interpretationsoffen.
  • Führen Sie Obergrenzen für die Satzlänge ein. Die Autoren der Studie empfehlen, sich für Stellenanzeigen an einer maximalen Satzlänge von 15 bis 20 Wörtern zu orientieren.
  • Achten Sie auf eine möglichst einfache Satzkonstruktion, ohne Schachtelsätze. Das heißt: Ein Komma pro Satz sollte in der Regel reichen.
  • Verzichten Sie auf Substantivierungen („Ihre Einarbeitung erfolgt im Bereich Vertrieb“) und Passivkonstruktionen. Vor allem die häufigen Substantivierungen machen einen Text abstrakt, schwerfällig und unverständlich.
  • Verzichten Sie auf die verbale Keule im Anforderungsprofil. Begriffe wie „unabdingbare Qualifikationen“ oder „unbedingte Voraussetzungen“ schüchtern ein. Beschreiben Sie einfach neutral die gewünschten Qualifikationen und Fähigkeiten.
  • Achten Sie auf Kongruenz zwischen Stellenbeschreibung und Anforderungsprofil. Die Anforderungen sollten tatsächlich etwas mit der in der Anzeige beschriebenen Aufgabe zu tun haben.
  • Seien Sie authentisch, wenn Sie sich für das Du oder das Sie in der Ansprache entscheiden. Wer in der Stellenanzeige gedutzt wird, erwartet diesen Umgang auch im Unternehmen und umgekehrt.

Beweisen Sie Mut zur Differenzierung! Zum Beispiel mit einer packenden Beschreibung der Aufgabe, statt einer Auflistung der Einzeltätigkeiten, mit weniger Superlativen und mehr Fakten und indem Sie als Arbeitgeber kommunizieren, nicht als weltweit führender Weltmarktführer.

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Quellen:

http://www.textkernel.com/de/die-beliebtesten-sprechblasen-deutscher-arbeitgeber/

www.employer-telling.de

www.textkernel.de

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