Welche Bedeutung haben Active Sourcing, Employer Branding, Generation Y oder der anhaltende Fachkräftemangel für ein erfolgreiches Recruiting? Sind 2017 Innovationen zu erwarten, die das Recruiting nachhaltig verändern?
Trotz aller Digitalisierung der Arbeitswelt bleibt der persönliche Kontakt bei der Personalbeschaffung weiterhin enorm wichtig. Die meisten Unternehmen gehen bei der Akquise von neuem Personal weiterhin den klassischen Weg – nur wenige nutzen dabei die neusten Technologien. Diese und weitere Fakten zeigt die aktuelle Studie von Kienbaum zu den „Recruiting Trends 2017“.
Einig sind sich viele Unternehmen darin, dass der Fachkräftemangel sich weiter zuspitzen wird. Sie sehen deshalb die Personalbeschaffung als eine ihrer zentralen Herausforderungen für 2017 an. Hier erfahren Sie, wohin in diesem Jahr die Reise gehen wird und welche Recruiting-Trends sich auch 2017 fortsetzen werden.
Die 8 wichtigsten Recruiting-Trends 2017:
Weit mehr als die Hälfte aller HR-Verantwortlichen klagen mittlerweile über die Schwierigkeit, vakante Stellen nicht nur mit geeignetem Kandidaten, sondern auch zeitnah zu besetzen. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen, die keine bekannten Brands aufweisen können, kostet die Suche nach dem passenden Personal oft viel wertvolle Zeit. Es zählt bereits zu den Top 3 Problemen der Recruiter.
In speziellen Bereichen wie der IT sind Talente auf dem Markt besonders schwer zu finden. Gerade Experten für zukunftsträchtige Themen wie „Big Data“ werden stark umworben und von einer Vielzahl von Unternehmen gesucht. Besonders für KMUs ohne den oben beschriebenen Markennamen gilt es hier, Mittel und Weg zu finden, diese Spezialisten ins eigene Unternehmen zu holen, wie zum Beispiel:
Laut der aktuellen Studie sehen 92 Prozent der befragten Unternehmen den Fokus ihrer Personalarbeit nach dem Recruiting in der Mitarbeiterbindung. Um die passenden Mitarbeiter auch langfristig im Unternehmen zu halten, setzt der Großteil der Unternehmen auf flexible Arbeitszeiten. Platz 2 und 3 der beliebtesten Benefits, die die befragten Unternehmen ihren Mitarbeitern anbieten, belegen mit 81 Prozent die betriebliche Altersvorsorge und mit 73 Prozent die Möglichkeit des Home-Office. Die Möglichkeit, einen Hund mit in das Büro bringen zu können, bieten dagegen nur 17 von 100 Unternehmen an.
Zum Fachkräftemangel wird sich auch in diesem Jahr der wachsende Bedarf an Arbeitskräften gesellen. Bei den meisten Unternehmen stehen auch 2017 wieder Neueinstellungen auf der Agenda. Bei einem nicht unerheblichen Teil der Unternehmen besteht sogar ein Personalbedarf von mehr als 100 neuen Mitarbeitern. Eine größere Bedeutung als noch im letzten Jahr wird dabei dem Recruiting von Berufserfahrenen beigemessen.
Positive Nachrichten für kleine und mittelständische Unternehmen: Von den meisten Bewerbern werden sie in Bezug auf den gesamten Recruitingprozess derzeit besser bewertet als große Unternehmen oder Konzerne. Vor allem punkten KMUs in den Bereichen persönlichere Behandlung, schnelle Bearbeitung und wertschätzenderes Verhalten. Nur beim Bewertungskriterium Professionalität haben große Firmen die Nase vorn.
Geht es um das eigentliche Auswahlverfahren, so bleibt der persönliche Kontakt unverzichtbar: Auf das klassische Vorstellungsgespräch setzen laut Studie auch 2017 98 Prozent der befragten Unternehmen. Fast ebenso viele stuften diesen Teil des Auswahlprozesses als wichtig oder sogar sehr wichtig ein. Für Bewerbungsgespräche greifen aber auch 87 Prozent der Unternehmen auf Telefoninterviews zurück. Das Assessment-Center ist bei den befragten Unternehmen weniger relevant. Nur die Hälfte der Unternehmen nutzt es, um potenzielle neue Mitarbeiter zu finden. Ebenfalls weniger genutzt werden Auswahlverfahren via Online-Test oder Video-Interview. Lediglich 42 Prozent der Unternehmen verwenden diese Arten für das Auswahlverfahren. Außerdem gaben die Befragten an, dass ihnen bei der Besetzung einer Stelle für den Direkteinstieg Praxiserfahrung, zum Beispiel durch verschiedene Praktika, wesentlich wichtiger ist, als ein sehr guter Studienabschluss und das Einhalten der Regelstudienzeit (81 Prozent).
Laut der aktuellen Studien setzen nur wenige Firmen beim Thema Employer Branding auf neuere Tools und Apps wie Karriere-Chat, WhatsApp oder ähnliches für die Veröffentlichung von Stellenanzeigen. Hauptsächlich werden die klassischen Social-Media-Kanäle für das Employer Branding genutzt. Bei Xing präsentieren sich 88 Prozent der deutschen Firmen, 72 Prozent nutzen dazu Facebook, gefolgt von Kununu (69 Prozent) und Linkedin (60 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr nutzen bereits 50 Prozent aller befragten Unternehmen Youtube zum Aufbau und zur Pflege einer eigenen Arbeitgebermarke. Geht es um die Nutzung neuer Apps, sind die meisten deutschen Unternehmen eher konservativ eingestellt: Nur 17 Prozent der Befragten nutzen Instagram für das Employer Branding, der Messenger-Dienst WhatsApp wird nur von fünf Prozent der Befragten eingesetzt.
Das Thema Mobile ist nicht nur für Webseiten und Online Shops relevant. Auch Mobile Recruiting ist bereits seit mehreren Jahren im Gespräch, obwohl es bisher nur unzureichend umgesetzt wurde. Da sich das Verhalten der Bewerber grundlegend geändert hat, bzw. sich auch weiter ändern wird – Stichwort Generation Y und Generation Z – und eine mobile Bewerbungsmöglichkeit standardmäßig möglich sein sollte, wird der Druck auf die Recruiter, auch in diesem Bereich fit zu sein, sich immer weiter erhöhen.
Da trotz konjunktureller Schwankungen auch in den nächsten Jahren von einem wachsenden Personalbedarf in den meisten Unternehmen ausgegangen werden darf, werden auch über 2017 hinaus die Recruiting-Trends Employer Branding, Mitarbeiterbindung sowie die Individualisierung des Recruiting-Prozesses kleiner und mittelständischer Unternehmen im Fokus stehen. Der Kampf um die neuen Top-Talente wird folglich auch in Zukunft ein sehr harter sein.
Autorenprofil
Klaus Becker ist Geschäftsführer von Becker + Partner und baute 2002 die Personalberatung für den Mittelstand auf. Vor seiner Tätigkeit als Personalberater war er über 18 Jahre als Führungskraft in nationalen und internationalen Unternehmen der mittelständischen Industrie mit bis zu 1.800 Mitarbeitern tätig. Die leitenden Beschäftigungen umfassten die Bereiche Rationalisierung, Werkscontrolling und Betriebsorganisation.
Klaus Becker absolvierte nach seiner Ausbildung in der Industrie ein technisches und betriebswirtschaftliches Studium mit den Schwerpunkten Industrial Engineering und Betriebspsychologie.