Auch wenn das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, kurz AGG, derzeit in aller Munde ist, in manchen Köpfen ist es immer noch nicht verankert. So können etwa unbedachte Äußerungen von Mitarbeitern gegenüber Bewerbern teuer werden. Damit Sie den Auswahlprozess für eine Stellenbesetzung ohne AGG-Verstöße gestalten, haben wir einige Paxistipps für Sie…
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ihr Unternehmen sucht einen neuen Vertriebsmitarbeiter. Die Stellenausschreibung setzen Sie neutral und AGG-konform auf. Daraufhin meldet sich ein Bewerber telefonisch bei Ihrem Unternehmen und fragt nach, ob für die ausgeschriebenen Stelle Altersgrenzen gelten. „Eigentlich nicht, antwortet ein Mitarbeiter. „Wie alt sind Sie denn“ „59, antwortet die Stimme am Telefon. „Naja, meint der Mitarbeiter zögernd. „In dem Fall glaube ich nicht, dass es viel Sinn macht, uns Ihre Unterlagen zu schicken. Der Bewerber hält sich an den Tipp - und schickt stattdessen eine Klageandrohung mit Verweis auf das AGG.
Mit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes kamen eine Reihe von Pflichten auf den Arbeitgeber zu, deren Missachtung ihn unter Umständen teuer zu stehen kommt. Bereits in der Stellenausschreibung können unbedachte Formulierungen unangenehme Folgen haben. Doch eine AGG-konforme Stellenausschreibung allein reicht nicht aus, um Bewerbern jeglichen Grund für Klagen zu nehmen.
Auch der gesamte Auswahlprozess muss fehlerfrei von statten gehen, um etwaigen finanziellen Ansprüchen von abgewiesenen Bewerbern vorzubeugen. Hier sollten Personaler und Arbeitgeber vor allem auf eine lückenlose Beweissicherung achten. Bei einem Rechtsstreit obliegt dem Arbeitgeber nämlich die Pflicht, nachzuweisen, dass die Entscheidung für den neuen Mitarbeiter oder die neue Mitarbeiterin objektiv, messbar und aufgrund der größten Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil der Stelle getroffen wurde. Das gelingt nur, wenn Sie jede Aktion und Reaktion während des Auswahlprozesses – jede E-Mail, jedes Telefonat, Schreiben oder Treffen – schriftlich dokumentiert haben.
Wenn man bedenkt, dass ein Bewerber, der eine Diskriminierung oder Benachteiligung nach dem AGG erfolgreich geltend macht, eine Entschädigung von bis zu drei Monatsgehältern einfordern kann, lohnt sich eine professionelle und umfangreiche Vorbereitung des Bewerbungsprozesses allemal. Unsere zehn Praxistipps helfen Ihnen dabei.
Eine Stellenausschreibung muss so neutral formuliert sein, dass sie sich ausschließlich auf die Tätigkeit bezieht und nur Anforderungen enthält, die für die ausgeschriebene Stelle wirklich relevant sind. Wird die Stelle durch einen Dritten, zum Beispiel die Arbeitsagentur oder einen Jobvermittler ausgeschrieben, sind Sie für eventuelle Pflichtverletzungen des Dritten verantwortlich.
So beschränken Sie Ihre Haftungsrisiken, denn zu spät eingegangene Bewerbungen können mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass das Verfahren zum Zeitpunkt der Bewerbung bereits beendet war.
Nur so ist ein objektiver und umfassender Vergleich der Bewerber möglich und die Auswahlbegründung plausibel nachvollziehbar. Beispiele für harte Kriterien sind die Noten in der Berufsausbildung und des Studiums, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Gehaltswünsche etc. Weiche Faktoren, wie Offenheit, Kreativität, Ausdrucksfähigkeit usw. können im persönlichen Gespräch ermittelt und protokolliert werden.
Oftmals verstecken sich darin noch Felder für die Angabe des Alters, des Geschlechts oder des Wohnortes. Achten Sie darauf, dass dies keine Pflichtfelder sein sollten.
Das erleichtert Ihnen im Streitfall vor Gericht den Nachweis, dass der Auswahlprozess in Ihrem Unternehmen unter Einhaltung des AGG gestaltet wurde.
Unbedachte Äußerungen anderer Mitarbeiter führen sonst eventuell dazu, dass nicht die Bewerbung sondern eine Klageandrohung auf Ihrem Schreibtisch landet.
Denn: Je mehr objektive Kriterien Sie im Zusammenhang mit der Besetzung für eine Position dokumentieren, desto eher wird Ihnen im Klagefall die Entlastung gelingen. Halten Sie die Beurteilung des Gespräches nach definierten Kriterien schriftlich fest.
Freundliches Trösten wie etwa: „Diese Absage hat nichts mit Ihren fachlichen Fähigkeiten zu tun. Wir haben uns für einen Bewerber entschieden, der besser zu uns passt“ können vermuten lassen, dass der Bewerbungsprozess nicht auf fachlicher Grundlage geführt wurde. Achtung: Ausnahmen gelten bei Schwerbehinderung (§81 Abs. 1 S.9 SGBIX).
Sichern Sie sich in kritischen Fällen den Zugangsnachweis! So können Sie schnell überprüfen, ob der Bewerber oder die Bewerberin - will er / sie einen Anspruch gegen den Arbeitgeber geltend machen - die Ausschlussfrist von zwei Monaten einhält.
In dieser Zeit hat der Bewerber oder die Bewerberin laut AGG das Recht, gegen die Absage zu klagen, sofern eine Diskriminierung glaubhaft gemacht werden kann. Gut, wenn dann alle wichtigen und entlastenden Unterlagen schnell auffindbar sind.
Weitere hilfreiche Tipps für einen AGG-konformen Auswahlprozess finden Sie bei Stellenanzeigen.de.
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