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Personalsuche: Tunnelblick im Auswahlverfahren vermeiden

Geschrieben von CareerBuilder Germany | 12 Mai 2016

Jedes Unternehmen will die besten Talente finden. Grundlage dafür sind exakte Stellenprofile. Doch bei zu vielen Wunschkriterien können Ihnen wertvolle Fachkräfte entgehen. Erfahren Sie hier, wann es sich lohnt, genauer hinzuschauen.

In der Bewerberauswahl sind Vorurteile hinsichtlich der Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität des Bewerbers unzulässig und in höchstem Maße unprofessionell. Ohne es zu wollen, schränken Personaler aber durch mehr oder weniger allgemeingültige Auswahlkriterien ihr Blickfeld auf die Kandidaten ein und laufen so Gefahr, wertvolle Talente zu übersehen.

Natürlich ist ein klar definiertes Stellenprofil notwendig, um die Kandidatensuche zielgerichtet zu gestalten und den Kostenrahmen nicht explodieren zu lassen. Schließlich kann nicht jeder Bewerber zum Gespräch eingeladen werden. Aber durch Klischees und formelle Kriterien entsteht oft ein engmaschiges Sieb, durch das nur Gleichgeformtes fällt. Rohdiamanten, die einen echten Gewinn für das Unternehmen bedeuten könnten, bleiben schon in der Vorauswahl hängen. Wir geben Ihnen einige Beispiele, wann es sich lohnen kann, einen genaueren Blick auf den Bewerber zu werfen.

Arbeitslos bedeutet nicht arbeitsunfähig

Nur zehn Prozent der Langzeitarbeitslosen in Deutschland finden wieder zurück in einen Job, so eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. In vielen Fällen liegt das aber nicht an mangelnder Qualifikation oder fehlendem Arbeitswillen der Kandidaten. Durch Geschäftsübernahmen, Insolvenzen oder betriebliche Sparmaßnahmen landet hoch qualifiziertes Personal unverschuldet auf der Straße. Wer dann nicht innerhalb kürzester Zeit wieder in einem neuen Unternehmen Fuß fassen kann, hat einen unsichtbaren Makel an sich haften, der mit zunehmender Dauer kaum noch zu entfernen ist. „In Deutschland wird Arbeitslosigkeit als individueller Fehler gesehen, nicht als systembedingt“, sagt ein Betroffener in einem Interview mit Spiegel Online. Doch arbeitslos bedeutet nicht automatisch arbeitsunfähig. Bei der viel zitierten Lücke im Lebenslauf sollten Personaler also nicht gleich die Bewerbung zur Seite legen. Ein Blick auf die Qualifikationen des Bewerbers, auf seine Motivation und den Grund seiner Arbeitslosigkeit kann durchaus lohnend sein.

Zu gut für den Job

Kaum zu glauben, aber Überqualifikation ist in Deutschland eines der häufigsten Argumente bei der Ablehnung von Bewerbern. Denn ganz automatisch wird dem Bewerber unterstellt, aus Mangel an Alternativen eine Notlösung in Kauf zu nehmen. Der Spatz in der Hand sei eben besser als die Taube auf dem Dach. Überqualifizierte Kandidaten gelten als unbequem, weil sie sich nur schwer unterordnen können. Von ihren Aufgaben schnell gelangweilt sei es nur eine Frage der Zeit, bis sie zum nächsten, interessanteren Job wechseln. Auch gehen viele Personaler von vornherein davon aus, die Gehaltserwartungen des Kandidaten ohnehin nicht erfüllen zu können. Doch es gibt hochqualifizierte Bewerber, die sich ganz bewusst für ein Downshifting entscheiden. Vielleicht wollen sie mehr Zeit mit der Familie verbringen oder den Druck, den Position und Verantwortung des letzten Jobs mit sich brachten, minimieren. Oft ist das bei älteren Arbeitnehmern ab 45 der Fall. Wer glaubhaft und überzeugend vertreten kann, in einen weniger anspruchsvollen Job wechseln zu wollen, kann sich mit seiner Erfahrung und Kompetenz als Glücksfall für das Unternehmen erweisen.

Keine Karriere ohne Abschluss

Was macht einen Bewerber für das Unternehmen wertvoller: eine abgeschlossene Berufsausbildung bzw. ein Hochschulabschluss oder langjährige Berufserfahrung? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Fakt ist, dass heutzutage nur noch wenige Führungspositionen von Managern ohne akademische Ausbildung besetzt sind. Unter den Top-Managern, die vor 1960 geboren wurden, hat jeder zehnte keinen Hochschulabschluss. Bei den jüngeren sei nur noch jeder zwanzigste ein Nichtakademiker, so die Ergebnisse einer Studie des Eliteforschers Michael Hartmann. „Während heute schon für Einstiegsposten wie etwa Trainee-Stellen ein Hochschulabschluss vorausgesetzt wird, habe es früher durchaus Karrierewege gegeben, die Führungstalente auch ohne akademische Titel nach oben zogen“, erläutert Hartmann gegenüber dem Manager Magazin. Viele Vorstände bedauern diese Entwicklung. Zwar seien die Nachwuchskräfte hervorragend ausgebildet, aber auch extrem gleichförmig.

In Deutschland verlassen etwa ein Viertel der Studierenden die Universität ohne Abschluss. Die Motive für den Abbruch können dabei sehr unterschiedlich sein und nicht immer sind Faulheit oder schlechte Studienleistungen ursächlich. Kenntnisse haben sie dennoch erworben und viele von ihnen eignen sich über die Jahre in einem Unternehmen wertvolles Knowhow an. Möchten sie ihre Karriere in einem anderen Unternehmen weiterführen, scheitern sie ohne Berufs- oder Hochschulabschluss meist schon an der ersten Stufe des Auswahlprozesses, denn Unternehmen legen zu großen Wert auf formelle Kriterien wie Abschlussnoten. Aber ohne die dementsprechende Erfahrung im Job ist auch das beste Hochschulstudium nutzlos. Für Personaler lohnt es sich, unter den aussortierten Kandidaten genauer hinzuschauen. Auch ohne perfekten Lebenslauf kann man es an die Spitze schaffen, wie der ehemalige Telekom-Vorstandsvorsitzende René Obermann beweist. Auch er hat sein Studium nach wenigen Semestern abgebrochen.

Fachfremde Bewerber bringen frischen Wind

Auch Quereinsteiger werden von Unternehmen häufig schon vor einem Bewerbungsgespräch abgelehnt, wünscht man sich doch Bewerbungen, die möglichst genau auf den Job zugeschnitten sind. Wünschenswerte Soft-Skills rücken dann automatisch in den Hintergrund, genau wie die Tatsache, dass Quereinsteiger meist neue Blickweisen und innovative Ideen ins Unternehmen bringen. Außerdem soll der Mitarbeiter ja in kürzester Zeit produktiv arbeiten. Von einem Quereinsteiger kann man das natürlich nicht erwarten. Allerdings vergessen Personaler dabei gern, dass die Suche nach der geeigneten Fachkraft manchmal länger dauert als die Einarbeitung eines Quereinsteigers, der in der Regel auch noch besser auf die Stelle geformt werden kann.

 

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