Ab heute Chef. Wie geht das? "Führung ist zu 80 Prozent Haltung und zu 20 Prozent Methodik", sagt Managementcoach und Berater Frank Stöckler. In dem Fall, müssen sich frischgebackene Führungskräfte nicht allzu viele Sorgen um ihre bis dato noch sehr übersichtliche Chef-Expertise machen. Ist doch alles eine Frage der Einstellung. Wirklich? Kann mangelnde Führungserfahrung tatsächlich durch eine überzeugende Haltung wettgemacht werden? Nicht umsonst heißt es „eine Führungsrolle übernehmen“. Die meisten Vorgesetzten spielen im Unternehmen eine Rolle, die sie selbst definieren. Etwas Schauspieltalent kann zu Beginn des neuen Karriereabschnittes also nicht schaden.
Um sich optimal auf ihre Führungsrolle vorzubereiten, sollten Sie sich zunächst die Frage stellen, was für ein Chef Sie sein möchten. Wie wollen Sie von Ihren Kollegen wahrgenommen werden? Haben Sie Vorbilder, an denen Sie sich orientieren können? Definieren Sie außerdem, was Ihnen in der Zusammenarbeit mit Ihrem Team wichtig ist, wie zum Beispiel gegenseitige Wertschätzung, ein freundlicher Umgangston oder das schnelle Lösen von Problemen und Konflikten. Egal ob Sie Ihre Position lieber als kameradschaftlicher Partner oder als autoritärer Teamleiter ausfüllen wollen, vermitteln Sie in jedem Fall Klarheit und Konsequenz in ihrem Handeln. Eindeutige Spielregeln geben sowohl Ihnen als auch Ihren Mitarbeitern Sicherheit im Umgang miteinander.
Werden Sie künftig Mitarbeiter führen, mit denen Sie bislang gleichberechtigt zusammengearbeitet haben, kann das den Prozess erschweren. Seien Sie sich im Klaren darüber, dass sich Ihr Verhältnis zu den Kollegen ändern wird und versprechen Sie nichts Gegenteiliges. Sie sind als Führungskraft Geheimnisträger und in Besitz von Informationen sowohl über einzelne Mitarbeiter als auch über unternehmensstrategische Angelegenheiten, die Sie nun nicht mehr mit den anderen teilen dürfen. Gemeinsame Mittagspausen müssen Sie deshalb nicht kategorisch ausschließen, aber die ehemals verbindenden Lästereien über den Chef sind ab sofort tabu.
Wenn Sie die neue Position antreten, sind Selbstzweifel fehl am Platz. Auch wenn Sie bislang noch keine Führungserfahrungen sammeln konnten, sollten Sie doch wissen, warum Sie genau der richtige im Chefsessel sind. Notfalls können Sie bei denjenigen im Unternehmen nachfragen, die Ihre Beförderung oder Einstellung zu verantworten haben. Von anderen zu hören, warum die Entscheidung zu Ihren Gunsten ausgefallen ist und mit welchen Fähigkeiten Sie beim Auswahlprozess punkten konnten, hilft Ihrem Selbstbewusstsein sicher auf die Sprünge.
Eine gute Vorbereitung auf die Arbeit als Vorgesetzter hilft, mangelnde Führungserfahrung auszugleichen. Informieren Sie sich im Vorfeld so umfassend wie möglich über jedes einzelne Mitglied Ihres Teams. Fangen Sie mit den Personalakten an und holen Sie Feedback anderer Manager ein. Je besser Sie Ihre Mitarbeiter kennen, umso gezielter können sie entsprechend ihrer Fähigkeiten und Vorlieben eingesetzt werden. Setzen Sie sich und dem gesamten Team Ziele. Wichtig dabei ist, die Ziele so zu konkretisieren und in Etappenziele zu zerlegen, dass daraus ein Fahrplan für Ihre Abteilung entsteht, an dem Sie sich jederzeit orientieren können. Entwickeln Sie eine Kommunikationsstruktur für Ihr Team: Wann, wie, worüber und durch wen möchten Sie informiert werden. Wie können die Mitarbeiter Feedback geben? Wie soll das Reporting aussehen? Legen Sie einen Jour-fixe für regelmäßige Update-Meetings mit dem gesamten Team fest. Und noch einmal: Klare Spielregeln erleichtern die Zusammenarbeit. Bleiben Sie dabei aber offen für Änderungswünsche und Verbesserungsvorschläge Ihrer Mitarbeiter.
Ihre Arbeit beginnt, indem Sie sich selbst als neue Führungskraft vorstellen oder von Ihrem Vorgesetzten vorgestellt werden. Nehmen Sie sich für das erste Team-Meeting ausreichend Zeit. Erläutern Sie die Ziele für das Team und Ihre Erwartungen bezüglich Kommunikation und Zusammenarbeit. Versäumen Sie es nicht, auch nach den Erwartungshaltungen und Verbesserungsvorschlägen der Mitarbeiter zu fragen. Einzelgespräche empfehlen sich erst nach einigen Wochen, wenn sich alle in der neuen Konstellation eingearbeitet haben. Dann erst ist sinnvolles Feedback möglich. Bieten Sie aber jederzeit ein offenes Ohr für Sorgen und Probleme an. Negativen Stimmungen, Konflikten und Gerüchten sollten Sie immer sofort entgegentreten.
Der Vertrauensaufbau zum Team ist umso wertvoller, je weniger Führungs-Knowhow Sie vorweisen können. Er gelingt durch Wertschätzung und Anerkennung. Ihre Mitarbeiter werden Ihnen gegenüber zu Beginn einen klaren Wissensvorsprung haben. Auch diesen gilt es anzuerkennen. Zum Beispiel, indem Sie entsprechende Aufgaben und Verantwortungen an fähige Kollegen delegieren oder diese in bestimmten Angelegenheiten zunächst um Rat fragen. Dabei müssen sie ein Gespür für die Kompetenzen und Vorlieben der einzelnen Mitarbeiter entwickeln und Ihr Führungsverhalten individuell anpassen. Die einen brauchen mehr Freiraum für eigenständiges Handeln, andere wiederum wollen lieber geführt werden.
Seien Sie sich auch als Führungsperson nicht zu schade, mit anzupacken und operative Aufgaben zu erledigen, wenn Not am Mann ist. Aber Vorsicht, verzetteln Sie sich nicht und geben Sie Ihren Mitarbeitern nicht das Gefühl, alles an sich reißen zu wollen. Auch wenn Sie sich voller Eifer in die neue Herausforderung stürzen, sollten Sie nicht alles ändern wollen. Fragen Sie Ihre Mitarbeiter, was ihrer Meinung nach bislang gut gelaufen ist und wo es Optimierungspotenzial gibt. So beziehen Sie sie konsequent in Veränderungsprozesse ein. Wenn Sie dabei nur so viel verändern wie nötig, um so viel zu verbessern wie möglich, werden Sie schnell Verbündete finden.
Quellen:
http://www.karriere.de/karriere/tschuess-kollegen-hallo-chefposten-165447/
http://www.huffingtonpost.de/marco-de-micheli/neu-auf-dem-chefsessel-tipps_b_5189859.html