Zunächst einmal gilt es, die Gründe für die Unzufriedenheit und Wechselbereitschaft der Mitarbeiter herauszufinden. Da kommen nicht unbedingt nur die Branchen-Klassiker wie Arbeitszeiten und schlechte Entlohnung in Frage. Die Ursachen können auch unternehmens- und mitarbeiterspezifisch sein und zum Beispiel im Führungsverhalten, in einem frustrierenden Betriebsklima oder mangelnden beruflichen Perspektiven liegen. Auch Zeitverträge hindern Mitarbeiter oftmals daran, sich mental an den Arbeitgeber zu binden. In Gedanken ist man eben schon wieder auf dem Sprung ins nächste Unternehmen. Bevor also Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung ergriffen werden, müssen Arbeitgeber den individuellen Ursachen für die Fluktuation im eigenen Unternehmen auf den Grund gehen – am besten im Dialog mit den Mitarbeitern.
In einer Artikelserie der Deutschen Verkehrszeitung gibt Stephan Opel, langjähriger Geschäftsführer der Gruber Logistics GmbH, mögliche Ansätze für eine bessere Mitarbeiterbindung in der Logistik. Zum Beispiel durch eine übertarifliche Bezahlung. Diese hebe nicht nur das Image des Arbeitgebers innerhalb der Branche, sondern auch die Bereitschaft der Mitarbeiter, sich stärker für das Unternehmen einzusetzen und nicht nur Dienst nach Vorschrift zu erledigen. „Der Arbeitnehmer fühlt sich wertgeschätzt. Er bekommt die Anerkennung für seine Leistungen. Also will er die in ihn gesetzten Erwartungen auch erfüllen.“ Bonusvereinbarungen können diesen Leistungsanreiz laut Opel nochmals verstärken. Um dabei ein Konkurrenzdenken unter den Mitarbeitern zu vermeiden, sollten neben Einzelboni auch Gruppenleistungen mitAbteilungs- oder Teamprämien belohnt werden. Opel weist aber auch darauf hin, dass Bonussysteme nicht für jeden Mitarbeiter auch tatsächlich ein adäquater Leistungsanreiz sind. Hier seien in den Mitarbeitergesprächen das Gespür und die Führungskompetenz des Chefs gefordert.
Doch Geld allein macht bekanntlich nicht glücklich. Viele Arbeitgeber und Führungskräfte unterschätzen die Wirkung von mündlicher Anerkennung. Dabei sei erwiesen, so Opel, dass gerade Lob eine enorme Leistungssteigerung bewirkt. Denn das zeigt dem Arbeitnehmer, dass seine gute Arbeit vom Vorgesetzten bemerkt und wertgeschätzt wird. Das ist gut fürs Selbstwertgefühl. Doch nicht nur die unmittelbaren Vorgesetzten, auch das Top-Management muss sich dafür regelmäßig zu den Leuten an die „Front“ begeben. Dies ist in Opels Augen besonders wichtig. Wenn sich der Chef für die Probleme des Lagerarbeiters oder Fahrers interessiert, fühlt sich der Mitarbeiter aufgewertet und akzeptiert. Das stärkt die Motivation sowie die positive Einstellung zum Unternehmen.
Und auch für den Chef können solche Gespräche eine wertvolle Informationsquelle sein, wenn sie auf Vertrauen und Loyalität basieren. An den Be- und Entladestellen haben seine Fahrer regelmäßig Kontakt zu direkten Wettbewerbern. Natürlich unterhalten sich die Fahrer untereinander und erfahren Interessantes. Das können alles wichtige Informationen für das Unternehmen sein, die ohne regelmäßige und vertrauensvolle Gespräche ungenutzt blieben.
Wichtig für die erfolgreiche Mitarbeiterbindung ist nach Ansicht Opels auch eine positive Diskussionskultur. Wer nur diktiert statt diskutiert, kann nicht erwarten, dass sich die Angestellten voll und ganz mit dem Unternehmen identifizieren und vor allem Veränderungsprozesse aus Überzeugung mittragen. Zudem werden viele Sachverhalte und Themen immer komplexer. Führungskräfte müssen zeigen, dass sie sich dabei auf das Fachwissen ihrer Teams verlassen. Dafür sei eine positive Diskussionskultur im Unternehmen nötig, so Opel.
Wer die Mitarbeiter richtig einbindet, hat überzeugte, motivierte ‚Mittäter‘ und gute Verbündete, die das Unternehmen effektiver und schneller voranbringen als ‚Lonely-Wolf-Entscheidungen‘. Unabdingbarer Bestandteil einer gesunden Unternehmenskultur ist es, die Mitarbeiter von Beginn an in die Unternehmensstrategie einzubinden. „Die Mitarbeiter der heutigen Generation sehen diese Dinge auch als elementaren Bestandteil ihres Jobs an und saugen daraus Motivation“, weiß Opel. Diese Mitnahmen erhöhen darüber hinaus die Effizienz der Arbeitsleistung, da jeder die Ausrichtung kennt und sich nicht nur als Befehlsempfänger degradiert fühlt. Das Motto ist: „Das haben wir gemeinsam geschaffen, dahinter stehen wir.“