Matilda ist keineswegs ein Science-Fiction-Hype in Star Trek affinen Personalerkreisen. Der Personalroboter ist bereits Realität. Erdacht und entwickelt von australischen Ingenieuren der La Trobe-Universität in Melbourne. Matilda stellt beliebig vielen Kandidaten mit gleichbleibender Freundlichkeit Fragen, wertet die Antworten umgehend aus und erkennt sogar die Emotionen der Bewerber, indem sie deren Mimik analysiert. Ist sie deshalb der perfekte Personaler?
Künstliche Intelligenz ist für viele Unternehmen ein wichtiges Zukunftsthema, das immer dann zur Sprache kommt, wenn Ressourcen für administrative Tätigkeiten eingespart und Arbeitsprozesse erleichtert werden sollen. Zeitraubende Routineaufgaben gibt es in Personalabteilungen zuhauf. Neue Mitarbeiter auf herkömmlichem Wege zu finden, ist inzwischen enorm aufwendig. Vorbei die Zeiten, in denen nach der Anzeigenschaltung die Bewerbungen in großen Mengen auf dem Schreibtisch landeten. Heute müssen sich Personaler selbst in Business-Netzwerken auf die Suche begeben und Talente direkt ansprechen. Recruiting ist mit einem enormen Rechercheaufwand verbunden.
KI kann Recruitern das Leben leichter machen. Als Robot Recruiter bekannte Sourcing Tools durchforsten Lebenslaufdatenbanken, Business-Netzwerke und soziale Medien nach vordefinierten Kriterien und präsentieren dem Recruiter quasi auf Knopfdruck eine vielversprechende Zielgruppe. Die smarten Algorithmen sind das Trivago des Personalers. Auch zur Entscheidungshilfe kann KI einen wertvollen Beitrag leisten. Die Kompetenzen der Kandidaten werden nach den Bedürfnissen gewichtet und diese je nach Passgenauigkeit in einem Ranking geordnet, das die ideale Reihenfolge der Bewerberansprache vorgibt. Intelligente Applikationen sind sogar in der Lage, über das Smartphone ein Interview mit dem Bewerber zu führen und eine Vorauswahl geeigneter Kandidaten zu treffen, bevor im nächsten Schritt ein echter Recruiter den Auswahlprozess weiterführt.
Auch im Rahmen eines Assessment Center leistet Künstliche Intelligenz inzwischen beeindruckende Unterstützung beim Screening von Kompetenzen, Fähigkeiten und Motivation der Kandidaten. Cloudbasierte e-Assessment-Lösungen können die Entscheidungsfindung so erheblich vereinfachen. Zum Beispiel lassen sich Motivations- und Persönlichkeitsindikatoren messen, die für das professionelle Verhalten oder das abstrakt-logische Denken entscheidend sind. Andere Tests ermitteln, wie ausgeprägt die Planungs- und Organisationsfähigkeiten des Kandidaten sind. Mit ein paar Mausklicks stehen Recruitern somit strukturierte und automatisch ausgewertete Informationen zur Verfügung, die helfen sollen, den idealen Kandidaten für das Unternehmen auszuwählen.
Die technischen Möglichkeiten sind schon jetzt beeindruckend und werden in Zukunft noch überwältigender sein. Umso essentieller ist es, sie mit Bedacht einzusetzen. Die Entscheidung, ob ein Mensch mit seinem fachlichem Knowhow vor allem aber in seinem Wesen in ein soziales Gefüge wie ein Unternehmen, eine Abteilung oder ein Team passt, darf nicht von einem Computer gefällt werden. Ein „vollautomatisiertes“ Recruiting ist rechtlich laut Bundesdatenschutzgesetz ohnehin unzulässig. Hier heißt es sinngemäß: Ein Algorithmus darf keine alleinige Entscheidung über die Einstellung und Ablehnung eines von mehreren gleich geeigneten Kandidaten treffen. Diese Entscheidung muss immer final bei einem Menschen verbleiben.
Es bleibt die Frage, ob die Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten letztendlich wirklich noch die des Personalers ist, wenn dieser sich voll und ganz auf die Ergebnisse einer smarten Software verlässt. Künstliche Intelligenz im Recruiting ist durchaus sinnvoll, wenn die dadurch gewonnene Zeit, für die strategische Personalentwicklung genutzt wird. Das „Gefühl“ für den Mitarbeiter oder den Bewerber durch den persönlichen Austausch, kann kein Computer erzeugen. Menschen individuell zu motivieren, Unsicherheiten abzubauen und ihnen vor allem Wertschätzung zu geben ist und bleibt Aufgabe des Personalers.
Besonders der letzte Punkt stellt Matildas Fähigkeiten als Top-Recruiter in Frage. Ob sich Bewerber wirklich wertgeschätzt fühlen, wenn sie ein Gespräch mit einem Computer führen, ist mehr als fraglich. Auf ihre Antworten bekommen sie kein direktes Feedback. Während der Personalroboter ihre Regungen analysiert, können sich die Kandidaten kein persönliches Bild vom Vertreter des potenziellen Arbeitgebers machen. Doch auch sie brauchen emotionale Anhaltspunkte, die ihnen die Entscheidung für das Unternehmen erleichtern. Von einem Roboter bekommen sie sie nicht.
Quellen:
https://www.cio.de/a/print/wenn-roboter-das-recruiting-uebernehmen,3563060