Der heilige Georg oder auch Siegfried aus der Nibelungensaga bekämpften erfolgreich bösartige Drachen, die nach der Legende eigentlich unsterblich waren. Ähnlich unsterblich erscheint der Papierdrache in deutschen Personalbüros. Der zeigt nicht einmal irgendwelche Schwächen, sondern er ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Wie Sie als verantwortliche Person in Ihrer HR-Abteilung den Papierdrachen wenn schon nicht ausmerzen, so doch etwas zusammenstutzen können, erfahren Sie in diesem Artikel.
Eigentlich begann es mit Johann Gutenberg, aber das wäre wohl zu weit gegriffen. Als in den 1980er-Jahren vermehrt der PC in die Büros Einzug hielt, dauerte es auch nicht lange, bis das Schlagwort des papierlosen Büros auftauchte. Bis dahin verzeichnete die Papierindustrie in der BRD einen rasanten Anstieg des Papierverbrauchs. Im Jahr 1950 betrug der Verbrauch pro Kopf noch rund 25 kg [1]. Zehn Jahre später waren es bereits 75 kg. Noch einmal zehn Jahre weiter lag der Verbrauch bereits bei 125 kg. Im Jahr 1980 wurden dann schon über 150 kg benötigt und wirklich bremste sich der Verbrauch ab diesem Jahrzehnt etwas ein, jedoch weiter steigend. Im Jahr 1990 waren es gut 190 kg pro Kopf und im Jahr 2000 rund 230 kg pro Kopf. Heute (Stand 2017) werden pro Einwohner der BRD über 250 kg Papier verbraucht. Davon ein nicht unbeträchtlicher Anteil in den Büros.
Das papierlose Büro hat sich folglich in keiner Weise bewahrheitet. Nun kann natürlich auf die stark steigende Recycling-Quote bei Papier verwiesen werden, aber auch das ist ein zweischneidiges Schwert, mit dem der Papierdrache nicht erlegt werden kann. Laut dem Umweltbundesamt [2] setzte die Papierindustrie im Jahr 2015 gut 74 % Altpapier in der Herstellung ein. Ohne Frage ein erfreulicher Wert. Ebenso ist der mittlere Energieeinsatz gesunken. Das Papier wird heute wesentlich effizienter hergestellt als noch etwa im Jahr 1990. So konnte auch der Kohlendioxid-Ausstoß reduziert werden. Der Haken bei der Geschichte ist jedoch der insgesamt gestiegene Energieeinsatz. Tatsächlich verbraucht die Papierindustrie heute 50 % mehr Energie als im Jahr 1990.
Das Problem liegt ironischerweise beim Recyclingpapier. Um dem Verbraucher denselben Qualitätsstandard zu liefern, muss das Altpapier in sehr aufwendigen Verfahren gereinigt werden. Gleichzeitig steigt die Nachfrage. Daraus ergibt sich auch noch eine erhöhte Umweltbelastung, denn das, was beim Reinigen des Altpapiers anfällt, sind sowohl Schadstoffe aus dem Papier selbst wie auch Laugen und Säuren aus der Bearbeitung. Auf der anderen Seite würde Papier nur aus der Forstwirtschaft die natürlichen Ressourcen belasten und letztlich würden Papierprodukte erheblich teurer werden. Aktuell liegt der Preis für Altpapier [3] bei 6 Cent pro kg im Ankauf. Fichtenholz [4] kostet gleichzeitig rund 10 Cent pro kg und das ist noch das billigste Holz zur Herstellung von Cellulose.
Warum auch Ihre Mitarbeiter im Büro immer mehr Papier verbrauchen, liegt hauptsächlich in zwei Faktoren begründet. Zum einen besitzt ein ausgedrucktes Dokument oder ein Brief für den jeweiligen Anwender einen höheren Stellen- und Nutzwert. Auch im Zeitalter blitzschneller PCs und Laptops ist der Griff in den Aktenschrank oder die Ablage auf dem Schreibtisch die erste Wahl, vor allem dann, wenn das Schriftstück intern genützt wird. Ohne Frage ist es auch ein Bestandteil der Bürokommunikation. Ein Vorwand, um mit Kollegen ins Gespräch zu kommen. Theoretisch könnte wohl jedes Papier digital an den Kollegen, der zwei Schreibtische weiter sitzt, geschickt werden. Oder die ausgedruckten Papiere werden als Unterlagen in Meetings benötigt.
Zum anderen ist es die leichte Verfügbarkeit der Technik beziehungsweise von Druckern, die an jeden PC angeschlossen sind. „Druck mir das schnell aus…..“. Ein Standardsatz, der wohl Tausende Male täglich in deutschen Büros zu hören ist, auch in der Personalabteilung. Genau hier besteht noch ein Problem, das die Papierflut verstärkt. Es ist der feste Wille von nicht wenigen Personalverantwortlichen, dass Bewerber auf offene Stellen ihre Unterlagen schriftlich einreichen sollen.
Das kann damit beginnen, dass Bewerber ihre Unterlagen per E-Mail oder über ein Online-Bewerbungsformular einreichen dürfen. Darauf sollte dann auch in den Inseraten so hingewiesen werden.
Der zweite Ansatz zur Papierreduzierung liegt in der regelmäßigen Digitalisierung aller im Umlauf befindlichen Schriftsätze. In vielen Büros werden heute Multifunktionsdrucker eingesetzt, die gleichzeitig scannen können. Sicher ist es eine Frage der Gewöhnung, aber es ist durchaus möglich, jedes eingehende Schriftstück sofort einzuscannen und dem digitalen Archiv zuzuordnen. Dieses Archiv wiederum kann auf einem Server oder einer Cloud liegen, die mit unterschiedlichen Zugriffsberechtigungen ausgestattet ist, um Manipulationen vorzubeugen. Immerhin sind Personaldaten hoch sensibel.
Das Einscannen von Dokumenten oder auch nur von Notizen muss dabei nicht auf den Multifunktionsdrucker im Büro beschränkt bleiben. Mit der entsprechenden Software können sogar mit dem Smartphone Dokumente gescannt und hochgeladen werden.
Tablets waren vor zehn Jahren noch teuer, heute sind sie Massenprodukte, die selbst in den unteren Preissegmenten eine gute Qualität und Ausstattung bieten. Sie können durch ihre Handlichkeit das Papier ohne Probleme ersetzen und sie bieten weitere Vorteile. Gerade in Meetings oder bei der Projektarbeit erleichtern Tablets durch die Vernetzung die Weitergabe und gleichzeitige Einsicht aller Teilnehmer in die vorliegenden Dokumente. Sehr wichtig bei der Wahl von Tablets als Papierersatz ist es, dass die im Büro eingesetzte Software plattformübergreifend arbeitet. Ein weiterer Faktor ist der energetische Fingerabdruck des jeweiligen Gerätes, denn sonst wird der unnötige Energie- und Ressourcenverbrauch nur verlagert. Wenn überhaupt noch Papier, dann möglichst einfach recycelt, aus 100 % Altpapier in brauner oder grauer Tönung, das nicht mit Chlor oder anderen Weißmachern behandelt wurde.
Die wohl wichtigste Voraussetzung zur Vermeidung von Papier im Personalbüro ist die Überwindung alter Denkmuster. Den Anfang dazu macht am besten der Chef, der diesen neuen Weg auch über die Grenzen der eigenen Abteilung kommunizieren kann. So lässt sich der Papierdrache zwar nicht von heute auf morgen, aber doch Schritt für Schritt in seine Höhle zurückdrängen. Mit Johann Gutenberg wurde vor über 500 Jahren das Papier zum beherrschenden Mittel in der Kommunikation. Es ist höchste Zeit für eine Ablösung.
Autorenprofil
Jasmin Schmidt ist Redakteurin bei Overnightprints. Recherchen zu Branchenentwicklungen im Druckbereich, neue Drucktechnologien sowie Marketingstrategien mit Printmedien und klimaneutrale Produktion gehören zu den bevorzugten Themengebieten. https://www.overnightprints.at/ als Online Druckerei legt dabei Schwerpunkte auf ein kleines aber sorgfältig ausgewähltes Sortiment hochwertiger Printprodukte.
Quellen:
http://steifensand.com/papierverbrauch-in-deutschland-und-weltweit
https://www.umweltbundesamt.de/daten/ressourcen-abfall/verwertung-entsorgung-ausgewaehlter-abfallarten/altpapier#textpart-3
http://www.altpapierankauf-fahrland.de/node/7
http://www.wbv-weilheim.de/index.php/holzmarkt/papierholz