Bereits heute haben mehr als die Hälfte der Krankenhäuser und Kliniken große Probleme bei der Suche nach geeigneten Fachkräften. Wo geeigneter Nachwuchs fehlt, müssen auch alternative Recruiting-Wege gewählt werden. Eine vielversprechende Möglichkeit bietet die Rekrutierung von Ärzte- und Pflegepersonal im Ausland.
Auch der Blick in die Zukunft gibt alles andere als Entwarnung: Prognosen für das Jahr 2030 ergeben Szenarien, in denen ca. 33 Prozent der notwendigen Ärztestellen und 48 Prozent der notwendigen Pflegestellen nicht besetzt sind. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, erweist sich die Akquise neuer, zusätzlicher Zielgruppen bei der Kandidatensuche als Erfolgsstrategie: Bereits 25.000 ausländische Ärzte arbeiten heute in Deutschland, dreimal soviel wie noch vor zehn Jahren. Doch welche gesetzlichen Bestimmungen gilt es für Personaler im Zusammenhang mit der Kandidatensuche im Ausland und der erfolgreichen Integrierung ausländischer Mitarbeiter in die Unternehmenskultur eigentlich zu beachten? Wir haben mit Arbeitsrechtsexpertin Katharina Schumann aus der Kanzlei Lehner und Kollegen in München Antworten auf die wichtigsten Fragen gefunden.
EU-Bürger haben gem. § 2 FreizügG/EU Anspruch auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe des Gesetzes. Sie bedürfen keines Visums oder Aufenthaltstitels, ihre Beschäftigung bedarf keiner Genehmigung durch die Bundesagentur für Arbeit. Dies gilt auch für Staatsgehörige aus Ländern des EWR (Island, Norwegen und Liechtenstein) und ihre Familienangehörigen. Schweizer Staatsbürger sind nach dem „Freizügigkeitsabkommen EU–Schweiz“ EWR-Staatsangehörigen gleichgestellt.
Angehörige aus Drittstaaten bedürfen eines Aufenthaltstitels. Sie dürfen von Arbeitgebern nach § 4 Abs. 3 AufenthG nur (abhängig oder selbstständig) beschäftigt werden, wenn der Aufenthaltstitel sie dazu berechtigt. § 4 AufenthG untersagt nicht nur die Beschäftigung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch die Beauftragung mit anderen entgeltlichen Dienst- oder Werkleistungen. Eine Beschäftigung darf daher nur mit Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit ausgeübt werden. Genehmigungsfreiheit besteht nur, wenn die Beschäftigung aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen, eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung auch ohne Aufenthaltstitel erlaubt wird. Liegt keiner der in § 4 Abs. 3 S. 2 AufenthG genannten Ausnahmen vor, muss der Aufenthaltstitel die Zulässigkeit der Beschäftigungsaufnahme als Nebenbestimmung gesondert aussprechen. Fehlt sie, ist die Aufnahme einer Beschäftigung unzulässig.
Wird ein Arbeitsvertrag ohne entsprechenden Aufenthaltstitel geschlossen, ist dieser zwar nicht nichtig, da nur die Tätigkeit erlaubnispflichtig ist. Der Arbeitnehmer darf aber vom Arbeitgeber nicht beschäftigt werden. Läuft der Aufenthaltstitel während der Beschäftigung ab, darf der ausländische AN auch nicht mehr beschäftigt werden. Das Arbeitsverhältnis endet dann nicht automatisch, sondern muss gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag beendet werden.
Die gute Nachricht für Arbeitgeber: Ein ausländischer Arbeitnehmer ist regelmäßig verpflichtet, sich selbst um die Erteilung und rechtzeitige Verlängerung des erforderlichen Aufenthaltstitels und der Genehmigung durch die BA zu bemühen. Eine generelle Hinweispflicht des Arbeitgebers besteht insoweit nicht.
Jeder Aufenthaltstitel wird für einen bestimmten Zweck bzw. Tätigkeit erteilt. Eine allgemeine Niederlassungserlaubnis kann nach fünfjähriger Aufenthaltserlaubnis oder bei hochqualifizierten Ausländern erteilt werden, wenn die BA zugestimmt hat. Die Genehmigung steht im Ermessen der BA, wenn sich durch die Beschäftigung des Ausländers keine nachteiligen Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt ergeben. Die BA muss die Zustimmung verweigern, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer unerlaubten Arbeitsvermittlung oder Anwerbung zustande gekommen ist oder der Ausländer als Leiharbeitnehmer tätig werden will.
Arbeitgeber können ihren ausländischen Arbeitnehmern daher die Erteilung der Erlaubnis erleichtern, wenn sie diese direkt und als eigene Mitarbeiter anstellen, ihnen konkret bei der Antragsstellung behilflich sind und einen ausführlichen Arbeitsvertrag mit Stellenbeschreibung an die Hand geben. Denn für die Genehmigung muss ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegen. Der ausländische Arbeitnehmer darf auch nicht zu ungünstigeren Konditionen beschäftigt werden als ein vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer.
Hilfreich ist es sicher auch, wenn der Arbeitgeber eine kurze, schriftliche Erklärung gegenüber der BA abgibt, dass durch die Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem Angehörigen eines Drittstaates der deutsche Arbeitsmarkt nicht nachteilig beeinträchtigt wird, weil z.B. keine entsprechend qualifizierten deutschen Arbeitnehmer für den Arbeitsplatz zur Verfügung stehen und allein der ausländische Bewerber ausreichend qualifiziert ist und auch zur Verfügung steht.
Arbeitgeber müssen aus Eigeninteresse auf den Aufenthaltstitel und die Genehmigung der ausländischen Arbeitnehmer achten, denn bei sog. illegaler Ausländerbeschäftigung ohne erforderlichen Aufenthaltstitel bzw. Genehmigung können sie selbst bußgeldpflichtig werden (vgl. §§ 403, 404 SGB III). Wer sich im Rahmen der Beschäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers nicht vergewissert, dass der Ausländer nach den vorstehenden Regeln zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt ist, der verwirklicht bei Nichtvorliegen der Berechtigung eine Ordnungswidrigkeit nach § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III. Es drohen dann Bußgelder bis zu EUR 500.000,-. In besonders schweren Fällen (z.B. bei illegaler Beschäftigung von mehr als 5 Ausländern oder zu besonders schlechten Bedingungen) kann auch eine Freiheitsstrafe drohen.
Zudem kann die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 SchwarzArbG eine Straftat darstellen.
Beschäftigt ein Arbeitgeber Arbeitnehmer aus Drittstatten ohne die nach § 284 SGB III erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4 Abs. 3 AufenthG erforderliche Berechtigung so gilt nach § 7 Abs. 4 SGB IV, dass der Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet ist. Es wird dann die Fiktion unterstellt, dass das Beschäftigungsverhältnis drei Monate bestanden hat, was aber widerlegt werden kann.
Zudem müssen Arbeitgeber den Ausschluss von Subventionen und öffentlichen Aufträgen bei nachgewiesener illegaler Ausländerbeschäftigung befürchten.
Wichtig ist, dass der Arbeitsvertrag ein konkretes Arbeitsplatzangebot darstellt, um die Genehmigung zu erleichtern. Darüber hinaus ist natürlich darauf zu achten, dass dem ausländischen Arbeitnehmer keine schlechteren Bedingungen gewährt werden als vergleichbaren deutschen Arbeitnehmern.
Der Arbeitsvertrag muss nicht notwendig in der Sprache des ausländischen Arbeitnehmers oder bilingual gefasst werden. Ein wirksamer Arbeitsvertrag besteht auch bei Verwendung allein der deutschen Sprache, selbst wenn der ausländische Arbeitnehmer nicht oder nicht ausreichend der deutschen Sprache mächtig ist. Sollte der ausländische Arbeitnehmer z.B. auch über englische Sprachkenntnisse verfügen, so ist es in jedem Fall sicher hilfreich, den Arbeitsvertrag zumindest bilingual deutsch-englisch abzufassen.
Wegen des Grundsatzes der Privatautonomie können die Parteien eines Arbeitsvertrages das anzuwendende Recht selbst wählen, vgl. Art. 8 Abs. 1 Rom-I-VO. Bei Beschäftigung im Inland kann daher unproblematisch die Anwendung deutschen Rechts vereinbart werden. Wurde keine Rechtswahl getroffen, findet auf das Arbeitsverhältnis deutsches Recht Anwendung, wenn die Beschäftigung im Inland stattfindet, vgl. Art. 8 Abs. 2 Rom-I-VO. Selbst wenn das Heimatrecht des ausländischen Arbeitnehmers vereinbart worden sein sollte, gilt das deutsche Recht trotzdem, soweit es unabdingbar und für den Arbeitnehmer günstiger als dessen Heimatrecht ist, vgl. Art. 8 Abs. 1 S. 2 Rom-I-VO.
Für EU-Bürger wird die umfassende Gleichbehandlung bezüglich der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen durch das Gemeinschaftsrecht gesichert. Angehörige von Drittstaaten haben aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Anspruch darauf, im Betrieb nicht diskriminiert zu werden.
Einstellungsuntersuchungen sind nur mit Zustimmung des Betroffenen zulässig und nur dann, soweit der Arbeitgeber ein berechtigtes, billigenswertes und schützenswertes Interesse an der Feststellung der gesundheitlichen Eignung hat. Das Arbeitgeberinteresse muss das Interesse des Arbeitnehmers an der Unverletzlichkeit seiner Intimsphäre überwiegen. Gem. § 32 BDSG dürfen Gesundheitsdaten auch nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden, wenn sie für die Begründung des Arbeitsverhältnisses erforderlich sind.
Der Arbeitgeber kann also fragen und durch Untersuchung abklären lassen, ob eine Krankheit oder Beeinträchtigung der Gesundheit vorliegt, die die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit auf Dauer oder wiederkehrend einschränkt. Ebenso kann abgeklärt werden, ob ansteckende Krankheiten vorliegen, die zwar nicht die Leistungsfähigkeit einschränken, aber die Kollegen und Patienten gefährden.
Die Untersuchung darf nur auf die Feststellung der gesundheitlichen Eignung für die konkrete Tätigkeit bzw. den konkreten Arbeitsplatz bezogen sein, für die bzw. den der ausländische Bewerber eingestellt werden soll. Der Arbeitgeber hat keinen Anspruch darauf, eine konkrete Diagnose zu erfahren, sondern nur auf die Auskunft, ob der ausländische Arbeitnehmer für die Tätigkeit geeignet ist oder nicht.
So kann im Krankenhausbereich Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit für sicherheitsrelevante Bereiche oder im Fahrbereich getestet werden. Das Vorliegen einer HIV-Infektion kann u.U. bei Chirurgen und OP-Personal ermittelt werden.
Nachdem die Einwilligung des Bewerbers eingeholt wurde, ist dieser über Art und Umfang der Untersuchung aufzuklären. Er muss auch in die Weitergabe der Untersuchungsergebnisse an den Arbeitgeber explizit einwilligen. Dies sollte alles aus Beweisgründen am besten schriftlich erfolgen. Der Arzt muss dem Bewerber die Ergebnisse vollständig mitteilen. Sog. Zufallsfunde darf der Arzt dem Arbeitgeber nicht mitteilen, da er der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt. Dem Arbeitgeber darf nur mitgeteilt werden, ob der Bewerber geeignet ist für den konkreten Arbeitsplatz oder nicht.
Zunächst einmal sind dem ausländischen Arbeitnehmer die gleichen Arbeitsbedingungen und Konditionen vergleichbarer Kollegen zu gewähren, wenn nicht ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Gewährung vorliegt. Das betrifft nicht nur das Gehalt, sondern ggf. auch die Nutzung von Sozialeinrichtungen usw.
Darüber hinaus ist der Arbeitgeber gem. § 12 AGG verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion und/ oder der Weltanschauung usw. zu treffen.
Massiven Ehrverletzungen von Kollegen gegenüber ausländischen Arbeitnehmern muss der Arbeitgeber entgegentreten, je nach Schwere durch entsprechende arbeitsrechtliche Maßnahmen ggf. bis hin zur Kündigung. Wird der Arbeitgeber nicht tätig, kann ein vorhandener Betriebsrat Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb verlangen.
Hilfreich ist es sicher, präventiv die Kollegen vorab zu informieren, dass ein ausländischer Arbeitnehmer beschäftigt wird und warum bzw. wofür dieser konkret eingesetzt wird. Zudem kann darüber nachgedacht werden, einen sog. Ausländerbeauftragten zu etablieren, der für die Belange und Fragen der ausländischen Kollegen zuständig ist und im Problemfall ohne Eskalation helfen und vermitteln kann.
Weitere Informationen: www.lehner-kollegen.de
Quellen: www.zeit.de, www.personalwirtschaft.de