Laut dem Bundesfamilienministerium lassen sich gemessen am Grad der Familienfreundlichkeit in der Unternehmenskultur Arbeitgeber in drei Kulturtypen unterscheiden, „Die Champions“, „Die Soliden“ und „Die Nachzügler“. Während Sie sich jetzt vielleicht als einen Champion in Vereinbarkeitsdingen wähnen, denken Ihre Mitarbeiter womöglich anders darüber. Denn Unternehmen sehen sich meist deutlich familienfreundlicher als ihre Beschäftigten. Das geht aus einer Studie der Roland Berger GmbH hervor. So schätzen 44 Prozent der Unternehmen ihre Unternehmenskultur als sehr familienfreundlich ein, was allerdings von deutlich weniger Beschäftigten (24 Prozent) geteilt wird.
Der 15. Mai ist internationaler Tag der Familie und damit Anstoß für Arbeitgeber, die Familienfreundlichkeit im eigenen Unternehmen einmal sachlich auf den Prüfstand zu stellen.
„Familienorientierung in der Wirtschaft ist längst nicht mehr nur eine nette Geste, sondern Standortfaktor und Notwendigkeit, um Fachkräfte zu gewinnen, zu halten und um dauerhaft wettbewerbsfähig zu sein“, sagte Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey unlängst auf einer Veranstaltung zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. In der Tat schmückt sich bereits eine Vielzahl von Unternehmen mit dem Attribut „familienfreundlich“. Doch nicht überall, wo „familienfreundlich“ draufsteht, ist auch Familienfreundliches drin.
Die aktuelle Studie des BMFSFJ zum Thema ergab weiterhin, dass knapp 80 Prozent aller Befragten eine familienfreundliche Unternehmenskultur für die Arbeitgeberattraktivität als wichtig oder sehr wichtig einschätzen. 56 Prozent der Beschäftigten mit Kindern im Haushalt achten bereits heute bei der Stellensuche auf eine familienfreundliche Arbeitgeberhaltung. Doch nur ein Drittel der Befragten (knapp 36 Prozent) ist mit der Familienfreundlichkeit des eigenen Arbeitgebers tatsächlich zufrieden.
Ist Familienfreundlichkeit womöglich schwer umsetzbar, zu teuer oder ein nebensächliches Nice-to-have? Weder, noch. Jedoch haben viele Arbeitgeber noch nicht verinnerlicht, dass es hierbei um mehr geht, als einen Strauß bunter Family-Maßnahmen. Teilzeitangebote und Zuschüsse zur Kita sind schön und gut, nützen aber nichts, wenn sich der Mitarbeiter mit schlechtem Gewissen und entschuldigend vom Arbeitsplatz stiehlt, weil der Nachwuchs mit Bauchschmerzen aus der Schule abgeholt werden will. Ein Unternehmen ist dann familienfreundlich, wenn Familienfreundlichkeit im Arbeitsalltag gelebt wird und für alle selbstverständlich ist – auch und vor allem für das Management.
Wie mit einfachen Maßnahmen ein familienfreundliches Arbeitsumfeld entsteht, zeigt Dorothée Schmid, Online-Redakteurin beim Magazin Impulse, in einem Artikel. Wir haben die besten Ideen zusammengefasst:
Dazu gehören Teilzeit, Gleitzeit, Jahres- oder Lebensarbeitszeitkonten, Sabbaticals und, vor allem für Führungskräfte attraktiv, die vollzeitnahe Teilzeitbeschäftigung mit 28 bis 36 Stunden. Erlauben Sie Ihren Mitarbeitern, zumindest gelegentlich Home-Office zu machen. Das spart Pendelzeiten – und ermöglicht Ihren Mitarbeitern, länger zu arbeiten.
2. Ermutigen Sie Mitarbeiter, individuelle Wünsche anzusprechen
In familienfreundlichen Betrieben trauen sich Mitarbeiter, mit ihren Vorgesetzten individuelle Regelungen zu besprechen, wenn Beruf und Familie kollidieren. Signalisieren Sie, dass Sie bereit sind, Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten zu nehmen.
3. Seien Sie ein Vorbild in Sachen Familienfreundlichkeit
Nehmen auch Sie sich Auszeiten für die Familie – etwa wenn das Kind früher von der Kita abgeholt werden muss, wenn eine Schulveranstaltung ansteht oder wenn Sie sich um Ihre pflegebedürftigen Eltern kümmern müssen. Sprechen Sie das Vereinbarkeitsthema gegenüber den Beschäftigten an. Das hilft, dass sich Mitarbeiter trauen, familienfreundliche Angebote in Anspruch zu nehmen.
4. Bekämpfen Sie die Präsenzkultur
Kritisieren Sie, wenn Mitarbeiter abends lange im Betrieb sind, und ermutigen Sie Ihr Team, pünktlich Feierabend zu machen – so setzen Sie das Signal, dass Sie Vereinbarkeit im Unternehmen ernst nehmen und lange Anwesenheit nicht mit großem Engagement gleichsetzen.
5. Erlauben Sie, dass Mitarbeiter Kinder mit ins Unternehmen bringen
Vielleicht richten Sie einen Raum mit Spielecke ein oder ein Eltern-Kind-Zimmer, in dem gearbeitet und gespielt werden kann. Oder Sie organisieren ein Netzwerk von Menschen, die kurzfristig die Kinderbetreuung im Unternehmen übernehmen können – seien es professionelle Babysitter, Senioren aus der Nachbarschaft oder Kollegen.
Sechs Wochen Sommerferien stellen viele berufstätige Eltern vor ein Problem. Wenn Sie eine Ferienbetreuung für Mitarbeiterkinder organisieren, helfen Sie ihnen und haben auch in Ferienzeiten keine Personalengpässe. Es gibt zahlreiche Firmen, bei denen man betriebliche Ferienbetreuungsprogramme buchen kann.
Familienfreundliche Rituale zeigen Wertschätzung für Familien. Sie können in der Adventszeit beispielsweise zum gemeinsamen Keksebacken einladen, einen Tag der offenen Tür anbieten, an dem Kinder erleben können, wie und wo ihre Eltern arbeiten, oder einen gemeinsamen Ausflug veranstalten.
8. Gewähren Sie mehr Kinderkrankentage
Ist das Kind krank, bezahlt die gesetzliche Krankenkasse für zehn Kinderkrankentage pro Jahr das Gehalt der Eltern – allerdings nur, wenn die Eltern bereits am ersten Tag ein Attest vom Kinderarzt vorlegen. Sie können für eine bestimmte Zahl von Kinderkrankentagen das Gehalt selbst zahlen – dann müssen Eltern nicht gleich zum Arzt rennen. Oder Sie gewähren darüber hinaus eine unbezahlte Freistellung.
Eines der dringlichsten Probleme im Familienmanagement ist nach wie vor die Betreuung der Kinder. Arbeitgeber, die Mitarbeitern an dieser Stelle sinnvolle Unterstützung anbieten, haben im Recruiting gegenüber der Konkurrenz oftmals die Nase vorn. Dabei muss es nicht unbedingt die betriebseigene Kita sein. Oft reicht die Anzahl der Mitarbeiterkinder gar nicht aus, um die Kosten dafür zu stemmen. Aber auch hier gibt es clevere Alternativen. Sie können sich zum Beispiel mit anderen Arbeitgebern in der Umgebung für ein gemeinsames Betreuungsangebot zusammenschließen oder Belegplätze bei Tagesmüttern in der Nähe reservieren und bezuschussen. Muss nur eine Handvoll Kinder regelmäßig betreut werden, können Sie zum Beispiel eine Tagespflegeperson beauftragen und eigene Räume zur Verfügung stellen.
Quelle: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/mit-einer-familienfreundlichen-unternehmenskultur-fachkraefte-gewinnen
Bildquelle: © Halfpoint - Shutterstock.com