Bereits bevor das Fußball-Team erste Erfolge einfährt, werden Parallelen zu HR und damit Nachahmungspotenzial für den Personaler deutlich. Auf dem bunten Treiben des Transfermarkts etwa erhält er interessante Ansätze fürs Recruiting. Wie würde sich dieses verändern, wenn jeder Bewerber und jeder Mitarbeiter plötzlich einen Marktwert hätte? Wie schaffen es auch kleinere Vereine, die keine Spitzengehälter zahlen können, Top-Stars zu verpflichten? Und auf Basis welcher Informationen wählt der Trainer vielversprechende Neuzugänge aus?
Letzteres, also das Aufspüren von Talenten, funktioniert in immer mehr Fußballvereinen auf Basis datengestützter Analysen. Statt Bauchgefühl setzen Trainer und Vereinsspitze auf Software, um so ein System aus verlässlichen Informationen und Erkenntnissen über Spieler und deren Attribute aufzubauen. Auch im Personalmanagement wird es in Zukunft immer wichtiger, Personalentscheidungen datenbasiert zu unterstützen. Das erweitert die allzu oft beschränkte Sicht auf Bewerber nur auf Grundlage der starren Vorgaben einer Stellenbeschreibung. Stattdessen wird der Blick auf Kompetenzen geschult und das eröffnet neue Perspektiven in der Personalbeschaffung.
Mit Sicherheit zählt der Fußballer-Transfermarkt zu den am härtesten umkämpften Arbeitsmärkten überhaupt. Die Konkurrenz lauert auf jede sich bietende Chance, Leistungsträger abzuwerben. Nicht nur das Gewinnen neuer Spieler für den eigenen Verein, auch das langfristige Halten, Integrieren und Fördern der Talente innerhalb der Mannschaft ist für den Trainer kein leichtes Unterfangen. Gerade kleinere Vereine, die die Spieler nicht mit üppigen Gehältern überzeugen können, punkten stattdessen häufig mit einem attraktiven Arbeitsumfeld und vor allem mit einer starken und positiven Vereinskultur. Auch Personaler müssen die Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil begreifen und diese bewusst gestalten, pflegen und leben.
Noch wichtiger ist jedoch die individuelle Talentförderung. Millionengehälter hin- oder her: Auch die bestbezahltesten Fußballspieler verlassen den Verein für mehr Spielzeit und die Aussicht auf einen Titel. Wer nur auf der Bank sitzt und nicht das Gefühl hat, sich persönlich weiterzuentwickeln, wird sich ohne Bedauern einem neuen Verein zuwenden. Hier muss der Trainer sein ganzes Können auf den Rasen werfen. Von diesem Knowhow können auch Personaler profitieren, die sich oft in ähnlicher Situation befinden. Wie das beispielhaft gelingt, hat die Wertefabrik in einem Blogbeitrag über den ehemaligen FC-Bayern-Trainer Pep Guardiola beschrieben.
Statt zu fragen, ob der Spieler auf die entsprechende Position passt, interessiert Guardiola vielmehr, welche Talente der Spieler mitbringt und wie er diese bestmöglich einsetzen kann. Deswegen spielen Mannschaften unter ihm meist nicht in einer klassischen Aufstellung mit festen Positionen. „Zu seiner Zeit beim FC Barcelona gab es vordergründig überhaupt keine feste Organisation. Die Mannschaft glich eher einem ‚chaotischen Haufen‘.“ Dass dies jedoch alles andere als unorganisiertes Chaos war, bewies nicht zuletzt der Erfolg des Teams. „Das System war einfach so konzipiert, dass es sich extrem flexibel auf unterschiedliche Spielsituationen und auf die eigenen Spieler ausrichten konnte. Einfach gesagt: Barcelona profitierte in dieser Zeit von seiner überragenden Schwarmintelligenz als Team.“
Diese Schwarmintelligenz kann entstehen, wenn jeder Spieler individuell gefördert und seinen Talenten nach optimal in die Mannschaft integriert wird. In Unternehmen wird Talent Management hingegen sehr oft auf systematische Nachfolgeplanung reduziert. „Bei übermäßiger Konzentration auf Stellen- und Anforderungsprofile laufen wir allerdings Gefahr, die einzigartigen Fähigkeiten und Talente des Einzelnen aus dem Auge zu verlieren. Kandidaten werden verstärkt gegen ein Stellenprofil verglichen“, heißt es bei der Wertefabrik. „In Zeiten von immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen, wachsender Komplexität und steigender Veränderungsgeschwindigkeit merken wir heute bereits an vielen Ecken und Enden des Unternehmens, wie bisherige starre Organisationsformen zu kurz greifen und Stellenbeschreibungen schon alt sind, während wir sie formulieren.“
Statt hocheffizienter Talentverwaltung sollten Personaler also öfter den Mut aufbringen, Bestehendes in Frage zu stellen. Unternehmen, die in der Lage sind, die Stärken ihrer Mitarbeiter und damit ihre wichtigsten Ressourcen flexibel einzusetzen, um so druckvolle Angriffe oder schnelle Konter zu spielen, werden im sich schnell verändernden Wettbewerb langfristig erfolgreich sein. Trainer wie Personalverantwortliche motivieren ihr Team dabei nicht etwa durch die Vorgabe von Kennzahlen zu Höchstleistungen. Es ist kaum vorstellbar, dass der Trainer in einem Zielvereinbarungsgespräch mit Thomas Müller, Timo Werner oder Mario Gomez eine Mindestanzahl von Toren und Punkten in der Tabelle vorgibt. Seine Aufgabe ist es vielmehr, den Spieler beständig zu beobachten, Potenziale wie Schwächen zu erkennen und ihn mit dem richtigen Training und passenden Aufgaben individuell zu fördern.
Quellen:
http://www.wertefabrik.de/blog/Pep_TalentManagement.html