Arbeitgeber-Magazin | CareerBuilder

Neu im Chefsessel: Das erste Vorstellungsgespräch führen

Geschrieben von CareerBuilder Germany | 12 September 2019

Wer noch nie ein Vorstellungsgespräch geführt hat, ist mindestens so nervös wie sein Gegenüber. Wie für den Bewerber gilt auch für Personalentscheider: Gute Vorbereitung ist alles. Gemeinsam mit der Führungskräfteexpertin Martina Bandoly geben wir dazu einen Überblick.

Die Beförderung zum Manager mit Personalverantwortung bringt auch völlig neue Verantwortungsbereiche mit sich. Unter anderem sind Sie nun auch an der Personalauswahl beteiligt und führen Vorstellungsgespräche. Wer darin noch keine Routine hat, sollte sich daher eingehend auf den Termin vorbereiten - ganz wie der Bewerber auch.

Gut geplant ins Gespräch

Als erstes gilt es dafür ein paar organisatorische Dinge zu bedenken. Der Raum sollte vorbereitet und gut gelüftet sein, alle sind Telefone aus, Getränke stehen bereit und die Sitzordnung steht fest. Wenn es außer Ihnen von Firmenseite noch weitere Teilnehmer gibt, sollten Sie sich auch mit diesen vorher abstimmen. „Alle Beteiligten sollten vor dem Bewerber eingetroffen sein und es sollte vorab der Protokollführer festgelegt sein“, sagt Martina Bandoly. „Auch sollte allen klar sein, wer das Gespräch führt. Beginnen Sie vor Ort keine Diskussionen untereinander. Die Gesprächsrichtung geht immer nur von den Teilnehmern zu dem Bewerber und zurück.“

Strukturierter Gesprächsablauf und individueller Interviewleitfaden

Für das Gespräch selbst legen Sie dann eine strukturierte Vorgehensweise fest. Martina Bandoly empfiehlt folgende Gesprächsbestandteile:

1. Die Einführungsrunde: Beginnen Sie das Gespräch am besten mit Small Talk zum Warmwerden: Fragen Sie, wie die Hinfahrt war oder machen Sie eine Bemerkung zum Wetter. Stellen Sie alle Anwesenden mit Namen und Funktion vor und informieren Sie über das Ziel und den Ablauf des Gespräches.

2. Das Interview: Hier geht es nun darum, den Bewerber und dessen fachliche Eignung für die Position festzustellen. Befragen Sie ihn dafür zu seiner Biografie, Motivation und seinen Erfolgen.

3. Job- und Firmen-Vorstellung: Nun stellen Sie dem Bewerber die zu besetzende Position, die Aufgaben, das Arbeitsumfeld und das Unternehmen vor.

4. Fragerunde: Geben Sie jetzt dem Bewerber Gelegenheit, selbst Fragen zu stellen.

5. Abschlussphase: Erklären Sie dem Bewerber, wie es nach dem Gespräch weitergeht. Eine wichtige Frage, die Sie nun noch stellen sollten: Besteht Interesse an der Position?

6. Verabschiedung.

Während die Gesprächsstruktur auf jedes Vorstellungsgespräch übertragen werden kann, sollte der Interviewleitfaden für jeden Termin individuell angelegt werden. Darin notieren Sie sich alle Fragen, die Sie an den Bewerber und zu dessen Unterlagen haben. „So stellen Sie sicher, dass Sie alle für die Position relevanten Themen und Kriterien ansprechen“, sagt Martina Bandoly.

Mit den richtigen Fragen die Passgenauigkeit feststellen

Nutzen Sie die Fragerunde in der Interviewrunde des Gesprächs, um festzustellen, ob dieser Bewerber auf die freie Position passen würde. „Hilfreich dafür sind Fragen zu den bisherigen Aufgaben, Kompetenzen, Erfolgen, Misserfolgen, Abneigungen und Vorlieben, den Gründen der Wechselbereitschaft und der Motivation des Bewerbers“, empfiehlt Martina Bandoly. „Über diese Fragen erfahren Sie, welche Einstellung der Bewerber zur Arbeit hat, wie er Probleme löst, ob er sich schnell in ein neues Team integriert und in neue Aufgaben einarbeitet, wie er entscheidet, ob er durchsetzungsfähig ist und wie er mit Kollegen und Vorgesetzten zusammenarbeitet.“

Unsicherheiten gekonnt überbrücken

Trotz bester Vorbereitung kann man auch als Gesprächsleiter den Faden verlieren. So kann es passieren, dass ein Bewerber unstrukturiert und ausschweifend antwortet. „In dem Fall den Bewerber am besten sanft unterbrechen und ihn bitten, das eben Gesagte in maximal drei Sätzen zu wiederholen“, meint die Expertin. „Sie können auch selbst einen Aspekt, der Ihnen noch in Erinnerung ist, herausgreifen und fragen: ‚Habe ich Sie richtig verstanden, dass…‘ Egal, ob der Bewerber bejaht oder verneint, er wird fokussierter antworten, so dass Sie das kurze Blackout überwinden können.“

Sie sollten auch immer Ihren Interviewleitfaden vor sich liegen haben und ein Blick darauf kann ebenso helfen. Oder Sie bitten eventuelle weitere Teilnehmer an der Stelle, ihre Fragen zu stellen.

Überheblicher Bewerber- oder eigene Unsicherheit?

Unsicherheit kann auch entstehen, wenn zum Beispiel die noch junge Personalentscheiderin einen erfahrenen Bewerber vor sich hat, der überheblich wird. Bevor man nun eine Reaktion zeigt: „Fragen Sie immer zuerst sich selbst, inwieweit das Gefühl mit der eigenen Unsicherheit zu tun haben könnte. In der Regel sind Bewerber im Bewerbungsgespräch auch eher nervös als überheblich und arrogant“, sagt Martina Bandoly.

Sollte der Bewerber wirklich überheblich sein, so ist es eindeutig der falsche Kandidat auch bei fachlicher Passgenauigkeit. „Er disqualifiziert sich wegen mangelnder Offenheit, Flexibilität, Anpassungsbereitschaft und Teamfähigkeit. Wenn er sich jetzt schon so verhält, wird es in Zukunft nicht besser“, warnt die Expertin. „Fehlendes Fachwissen kann nachgeholt werden, aber mangelnde soziale Fähigkeiten und bestehende Vorurteile lassen sich, wenn überhaupt, nur sehr schwer verändern.“

 

 


Martina Bandoly ist Diplom-Soziologin und Betriebswirtin mit 20-jähriger Berufserfahrung als Projektmanagerin und Führungskraft in einem IT- und Telekommunikationsunternehmen. Jetzt arbeitet sie als Karriere-Beraterin und Coach und unterstützt Menschen in beruflichen Umbruchsituationen.

Bildquelle: © Indypendenz - shutterstock.com