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Bewerbungsgespräch: Auch Personaler müssen bei der Wahrheit bleiben

Geschrieben von CareerBuilder Germany | 30 August 2019

Das Bewerbungsgespräch – eine nette Plauderei zwischen Personaler und Bewerber, bei dem beide Seiten herausfinden, ob die Chemie stimmt? Mitnichten. Rein rechtlich gesehen gibt es einiges zu beachten. Nicht jede Frage darf gestellt, nicht jede muss beantwortet werden. Was tun, wenn der Bewerber dem Personaler falsche Tatsachen vorgegaukelt hat? Und warum ist Facebook für die Hintergrundrecherche tabu? Arbeitsrechtsexpertin Katharina Schumann aus der Münchner Kanzlei Lehner & Kollegen beantwortet die wichtigsten Fragen.

Frau Schumann, welche Fragen darf oder sollte der Personaler im Vorstellungsgespräch besser nicht stellen?

Bei einem Bewerbungsgespräch muss der Personaler zwischen dem betrieblichen Informationsinteresse des Arbeitgebers und dem Persönlichkeitsrecht des Kandidaten abwägen. Zulässig sind daher nur Fragen, die für den konkret zu besetzenden Arbeitsplatz von Bedeutung sind und den Bewerber nicht diskriminieren. Folgende Informationen darf der Personaler daher in der Regel nicht erfragen:

  • Allgemeiner Gesundheitszustand ohne Bezug zum Arbeitsplatz
  • Genetische Veranlagung
  • Gewerkschaftszugehörigkeit
  • Religionszugehörigkeit
  • Parteizugehörigkeit
  • Schwangerschaft (auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen)
  • Schwerbehinderung
  • Behinderung, wenn kein Bezug zur Tätigkeit
  • Bisherige Vergütung, wenn der Bewerber sie nicht von sich aus als Mindestvergütung gefordert hat
  • Vermögensverhältnisse
  • Vorstrafen, wenn nicht für die Art der Tätigkeit relevant bzw. von Bedeutung.

Können Arbeitgeber für unzulässige Fragen zur Rechenschaft gezogen werden? Wenn ja, welche Konsequenzen drohen?

Bei unzulässigen Fragen kann der Bewerber ggf. wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts oder ungerechtfertigter Diskriminierung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld klagen. Hat die wahrheitsgemäße Beantwortung einer unzulässigen Frage zur Folge, dass der Bewerber nicht eingestellt wird, kann er ggf. Entschädigung wegen der Nichteinstellung einklagen.

Dürfen Personaler im Internet zugängliche Informationen über den Bewerber, die im Grunde unzulässige Fragen betreffen, im Vorstellungsgespräch verwenden und hinterfragen?

Das könnte man meinen, aber sogenannte Background-Checks, also das Überprüfen von personenbezogenen Daten des Bewerbers, sind nur in geringem Umfang zulässig – nicht zuletzt unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten. Informationen, die über allgemeine Suchmaschinen abgefragt werden können, darf der Arbeitgeber in der Regel einholen - es sei denn, die Informationen sind erkennbar unzulässig ins Internet gestellt worden Dasselbe gilt für Informationen, die über berufliche Netzwerke (XING oder LinkedIn) abgefragt werden können. Unzulässig hingegen ist die Einholung von Informationen über rein soziale Netzwerke, die vorwiegend privaten Zwecken dienen (Instagram, Facebook).

Informationen, die der Personaler „gegoogelt“ hat, darf er also verwenden?

Nein, nicht zwangsläufig, denn auch dann müssen die Nachfragen einem berechtigten betrieblichen Interessen dienen oder einen relevanten Bezug zur geplanten Tätigkeit haben. Ist aber bereits die Einholung der Informationen unzulässig gewesen oder soll damit eine unzulässige Frage, z.B. nach der Schwangerschaft oder der Familienplanung, gestellt werden, so dürfen diese Informationen nicht verwendet werden. Dies gilt im Übrigen auch für freiwillig vom Bewerber mitgeteilte Informationen, die der Arbeitgeber selbst nicht hätte anfordern oder erfragen dürfen. Dies gilt natürlich umso mehr, wenn die Informationen diskriminierend sind, weil sie etwa Rückschlüsse auf die Ethnie oder die sexuelle Identität zulassen. Dem Arbeitgeber können sonst Schadensersatz- und/oder Entschädigungsansprüche drohen.

Lüge oder nicht – bei wem liegt die Beweispflicht und wie kann der Arbeitgeber auf eine nachweisliche Lüge reagieren?

Der Arbeitgeber kann einen abgeschlossenen Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Dazu muss er aber beweisen, dass er getäuscht wurde, also der Bewerber die zulässige Frage bewusst falsch beantwortet hat und der Vertragsabschluss kausal darauf beruht. Der Arbeitgeber trägt also in dem Sinne die Beweislast für die Tatsachen, die den Bewerber der unerlaubten Lüge überführen. Auch eine personenbedingte Kündigung ist möglich, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nicht in der Lage ist, die Arbeit vertragsgemäß auszuführen, z.B. keine Arbeitserlaubnis hat.

Haben Bewerberlügen eine „Verjährungsfrist“?

Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen. Diese beginnt allerdings erst, wenn der Arbeitgeber die Täuschung entdeckt. Erlangt der Arbeitgeber also z.B. erst 2 Jahre nach Abschluss des Arbeitsvertrages darüber Kenntnis, dass der Arbeitnehmer im Vorstellungsgespräch eine zulässige Frage bewusst wahrheitswidrig beantwortet hat, kann er 1 Jahr ab Kenntniserlangung die Anfechtung erklären.

Für eine personenbedingte Kündigung laufen in dem Sinne keine Fristen. Allerdings wird eine personenbedingte Unfähigkeit der Arbeitsleistung wohl nicht erst nach Jahren auftreten, sondern sich relativ zeitnah zeigen. Hat der Arbeitnehmer z.B. keine gültige Arbeitserlaubnis, kann dies ggf. erst nach Jahren bekannt werden. Jedoch wird sich insoweit die Frage stellen, ob der Arbeitgeber nicht selbst die Pflicht hatte, sich die Erlaubnis Vorlegen zu lassen und er nicht schlicht darauf vertrauen durfte, dass eine solche schon vorliegen wird.

Müssen auch Personaler auf Fragen des Bewerbers wahrheitstreu antworten?

Ja, auch der Arbeitgeber muss bestimmte Fragen wahrheitsgemäß beantworten und sich darüber hinaus auch an Offenbarungspflichten halten. So muss er den Bewerber nicht nur über Unfall- und Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatzes aufklären, sondern auch über Leistungsanforderungen, die über der Norm liegen. Geht es um die spätere Vergütung des Kandidaten, muss der Personaler ebenfalls ehrlich antworten, z.B. auf die Frage nach der Tarifbindung oder wenn das Einkommen nur auf Provisionen beruht und lediglich von vereinzelten Arbeitnehmern überhaupt erreicht wird. Insbesondere muss der Arbeitgeber Fragen wahrheitsgemäß beantworten, die das Leistungs- und Integritätsinteresse des Bewerbers betreffen, z.B. die Frage nach einem bereits absehbaren Stellenabbau oder nach akuten wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die den späteren Vergütungsanspruch gefährden können.

 

 

Quellen: www.lehner-kollegen.de

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